18. September 1995 | Focus Magazin | Filmkritiken, Rezension | Waterworld

Vor uns die Sintflut

Nur wenig besser als sein Ruf: WATERWORLD, der feuchte Traum des Kevin Costner

Die beste Idee gleich zu Beginn: Da dreht sich wie vor jedem Film von Universal eine Weltkugel im All. Das war schon immer das Firmenlogo, und daran hat sich bis auf ein paar kosmetische Korrekturen auch nie etwas geändert. Doch diesmal beginnen auf einmal die blauen Meere zu steigen und die Kontinente zu verschwinden. So wird auf elegante Weise noch vor Beginn des eigentlichen Films ezählt, was man wissen muß: Die Polkappen sind abgeschmolzen, die Welt steht unter Wasser, und alle träumen davon, Boden unter die Füße zu kriegen.

Einen ähnlichen Traum hatten vermutlich auch alle am Film Beteiligten, vom kleinsten Kabelträger bis zum Star Kevin Costner. Denn bei diesen Dreharbeiten war lange kein Land in Sicht gewesen. Mit jedem Drehtag waren die Kosten gestiegen und die Stimmung gesunken, und am Ende war daraus der teuerste Film aller Zeiten geworden: alles in allem gut 300 Millionen Mark.

Um so passender wirkt deshalb der Anfang, bei dem das Universal-Markenzeichen unter Wasser gesetzt wird. Es hätte schließlich nicht viel gefehlt, und das Studio wäre selbst untergegangen. Tatsächlich hatten danach die japanischen Besitzer von ihrem Abenteuer in Hollywood endgültig genug: Matsushita verkaufte Universal an den kanadischen Getränkeriesen Seagram.

Böse Zungen behaupten, das Studio habe mutwillig den explodierenden Kosten nicht Einhalt geboten, um den Japanern die Freude am Filmgeschäft ein für allemal zu vergällen.

Immerhin war WATERWORLD tatsächlich der Tropfen, der das Faß zum Überlaufen brachte. Und die 80 Millionen Dollar, die der Film dann in Amerika einspielte, waren für die Produzenten nur noch ein Tropfen auf den heißen Stein.

Es stellt sich also die Frage, ob WATERWORLD nicht nur in finanzieller, sondern auch in filmischer Hinsicht ein Waterloo geworden ist. Der Film ist zwar längst nicht so schlecht wie sein Ruf, aber sehr viel besser ist er auch nicht. Und das liegt nicht etwa daran, daß der Zuschauer für sein Geld nichts geboten bekäme: Es gibt einen Angriff mit Jet-Ski auf ein stählernes Atoll, der eine Ahnung davon vermittelt, wo das viele Geld geblieben ist.

Was den Film verwässert, ist vielmehr die Furcht vor dem Publikum. Im panischen Bemühen, es möglichst allen recht zu machen, macht der Film fast alles falsch. Diese Angst sitzt allerdings den meisten Großproduktionen aus Hollywood und sonstwo im Nacken – und man spürt sie in jedem Bild.

Die Guten sollen gut sein, aber nicht zu sehr, und die Bösen böse, aber nicht zu sehr. So macht man aber keine Filme, sondern allenfalls Fernseh-Shows.

In einer Hinsicht ist WATERWORLD allerdings wirklich bahnbrechend. Denn die Bösewichter heißen nicht nur Smokers, sie sind es auch. Ihr Anführer Dennis Hopper steckt sich eine nach der anderen an, quält kleine Mädchen, indem er ihnen Rauch ins Gesicht pustet, und stellt seine unzufriedene Mannschaft ruhig, indem er großzügig Zigaretten unters Volk streut.

Mit der Frage, wo in dieser Welt eigentlich der Tabak für die Zigarette herkommt, hält sich der Film nicht weiter auf. Schließlich gilt es, bei der wachsenden Schar von Nichtrauchern Punkte zu machen.

Einst waren die Nazis Hollywoods bevorzugte Bösewichter, dann die Kommunisten, zuletzt die Araber. Jetzt sind es die Raucher. Dagegen wäre auch nichts zu sagen, wenn der Film den Geschmack von Freiheit und Abenteuer besäße.

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