11. November 1996 | Focus Magazin | Filmkritiken, Rezension | „… und jeder sucht sein Kätzchen“

Liebe auf dem Katzensprung

Ein Fall von echter Nachbarschaftshilfe: Cédric Klapischs Debüt ...UND JEDER SUCHT SEIN KÄTZCHEN

Magie des Alltags: Dieser Film ist eines jener Wunder, die ohne Pomp und andere Umstände auskommen. Fast unmerklich vollziehen sie sich, und wenn am Ende ein Mädchen zur Musik von Portishead ihren Gefühlen buchstäblich freien Lauf läßt, dann weiß man vor lauter Glück kaum noch, wo einem der Kopf steht. Und das tollste daran ist, daß solche Überraschungen im französischen Kino immer noch alltäglich sind. So viele junge Talente, die mit soviel Liebe und Ernst Kino machen, wachsen in keinem anderen Land nach.

Paris ist eine Blondine: Wer Paris mag, der wird …UND JEDER SUCHT SEIN KÄTZCHEN lieben. In einem Café singt der ganze Raum „Paris, c´est une blonde“, und der Film macht sich seinen Reim darauf, indem er fortfährt: Paris, das ist auch ein einsames Mädchen, das seine entlaufene Katze sucht; eine Schar alter Damen, die ihr dabei helfen; ein etwas zurückgebliebener Nordafrikaner, der sie begleitet, oder eben ein Café, in dem alle in ein Chanson miteinstimmen. Paris steckt im Kleinen wie im Großen, im Detail wie in der Topographie.

Abrißbirnen am Werk: Das Paris, das Regisseur Cédric Klapisch meint, ist aber im besonderen das elfte Arrondisse-ment, das Viertel rund um die Place de la République, das Faubourg Saint-Antoine und die Rue Roquette, Rue Charonne und Rue Keller. Wie ein Dorf kommt einem das Quartier vor, aber jede Beschaulichkeit verbietet sich, weil überall die Abrißbirnen am Werk sind, vor allem an Notre-Dame d“Espérance. Aber Klapisch ergeht sich nicht in falscher Nostalgie, sondern zeigt ganz unsentimental den Alltag einer Großstadt im steten Wandel.

Die Liebe ist ein Katzensprung: Paare oder Familien kommen in dieser Geschichte kaum vor. Jeder ist mehr oder weniger auf sich gestellt, und wenn doch mal zwei zusammenkommen, dann kreuzen sich ihre Wege bestenfalls.

Die junge Frau (Garance Clavel) kommt sich nicht von ungefähr um so verlorener vor, je länger sie nach ihrer Katze sucht. Auch wenn sie es sich nicht eingestehen will, so hofft sie doch vor allem, die Liebe zu finden. Schließlich ist dies Paris. Und deshalb stellt sich am Ende auch heraus, daß die Katze nicht weit weg war und auch die Liebe nur einen Katzensprung entfernt lebt.

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