17. Dezember 1998 | Süddeutsche Zeitung | Filmkritiken, Rezension | Der Prinz von Ägypten

Die Worte des Herren

Die Götter müssen verrückt sein: DER PRINZ VON ÄGYPTEN

„Götter!”, ruft der amerikanische Produzent, „ich mag Götter!” Die Szene stammt aus Godards „Verachtung”, wo Jack Palance den Produzenten spielt, der in Italien von Fritz Lang die ODYSEE verfilmen läßt. Als Grund gibt er seine Affinität zu Göttern an: „Ich weiß genau, was sie fühlen. ”

Irgendwie hat man ständig diese Szene vor Augen, während man PRINZ VON ÄGYPTEN sieht. Hinter der Geschichte von Moses glaubt man, die Herren von Dreamworks zu sehen, die einstigen Wunderkinder und jetzigen Supermänner Jeffrey Katzenberg und Steven Spielberg, die in der Tat im Olymp der Branche sitzen. Wie Jack Palance in der VERACHTUNG scheinen sie sich zunehmend in der Rolle biblischer Erzähler zu gefallen. Das ist zwar nicht neu, weil sich amerikanische Produzenten von jeher gerne im großen Gestus göttlicher Geschichten gespiegelt sahen – aber hier geht es einem besonders auf den Wecker.

Disneys Geschichten erzählen ja auch oft von Schöpfungsgeschichte – nur geschieht das immer mit einem Augenzwinkern. Da muß man nur mal HERKULES mit dem PRINZ VON ÄGYPTEN vergleichen, und man weiß, daß es auf den Humor ankommt. Katzenbergs Plan, Zeichentrick für Erwachsene zu machen, darf man jedenfalls als gescheitert betrachten. Den Figuren fehlt es nicht nur an Charakter, sondern vor allem an Witz – und darüber hinaus bewegen sie sich auch schlecht. Im Original werden sie immerhin von Leuten wie Val Kilmer, Ralph Fiennes, Sandra Bullock, Michelle Pfeiffer, Jeff Goldblum, Patrick Stewart, Helen Mirren, Steve Martin, Martin Short und Danny Glover gesprochen. Aber zwei als Witzfiguren angelegte Tempelpriester werden beispielsweise vollständig verschenkt, und es gibt nur einen einzigen Moment, wo sich dieser Film über seine trockene Mischung aus politischer Korrektheit und Bibelfestigkeit erhebt: Da erwachen die Hieroglyphen an der Wand zum Leben und erzählen Moses vom Völkermord seines Ziehvaters, dem Pharao.

Vollends ein Witz ist dann der Auszug der Hebräer aus Ägypten. Es gehört schon einiges dazu, in einem Zeichentrickfilm bei der Szene, in der Moses das Rote Meer teilt, hinter den simplen Tricks von DeMilles Kolossalschinken DIE ZEHN GEBOTE zurückzubleiben. Dabei ist das Reich des Unmöglichen eigentlich die Heimat des Zeichentricks. Kein Wunder. Götter!

PRINCE OF EGYPT, USA 1998 – Regie: Brenda Chapman, Steve Hickner, Simon Wells. Songs: Stephen Schwartz. Musik: Hans Zimmer. Deutsche Sprecher: Tobias Meister, Hartwig Rudolz, Anja Kling, Maud Ackerman. UIP, 99 Minuten

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