Männer sind auch nur Affen
Zoologin mit Komödientalent: Zu Doris Dörries neuem Film
Männer müssen schnarchen, um ihre Frauen vor wilden Tieren zu beschützen. Mit dieser Bemerkung findet MÄNNER sein versöhnliches Ende, aber auch ein Ende, das so manchen verprellen wird: Zum Glück. MÄNNER ist ja kein unbescheidener Titel. Daß der Film nicht halten will, was der Titel verspricht, macht Doris Dörries dritten Kinofilm so sympathisch. Sie will nichts beweisen, nichts verändern, will die Dinge nur in Bewegung bringen, um am Ende dort wieder anzukommen, wo sie angefangen hatte. Wer ihr das zum Vorwurf macht, hat vom Kino nichts verstanden.
MÄNNER ist eine deutsche Komödie, eine recht gelungene dazu – auch das nimmt für den Film ein. Auf ungewöhnliche Weise verdankt Dörrie dabei viel dem klassischen Komödiengenre, ohne daß sich der Film dem Genre ohne weiteres zuordnen ließe. Das macht einerseits seinen Reiz aus, wird aber andererseits auch manchmal zu seinem Nachteil. Allemal ungewöhnlich ist dabei, daß Dörrie das komische Potential ihrer Geschichte mit geradezu amerikanischer Ökonomie ausbeutet. Was – im deutschen Film selten genug – auf die Qualität des von Doris Dörrie selbst geschriebenen Drehbuchs hinweist.
An seinem zwölften Hochzeitstag muß der Manager Julius (Heiner Lauterbach) feststellen, daß ihn seine Frau mit einem arbeitslosen Graphiker betrügt. Und obwohl Julius selbst die Ehe durch Seitensprünge am Leben erhält, wirft ihn diese Entdeckung völlig aus der Bahn. Ein Mann eben. So hätte auch eine von Hollywoods klassischen screwball-comedies anfangen können. Doch der Film verläßt dieses Terrain, verliert die Frau (Ulrike Kreiner) aus den Augen und verlegt, sich ganz auf die Beziehung zwischen dem gehörnten Ehemann und dem Liebhaber. Denn Julius mietet sich, ohne sich zu erkennen zu geben, in der Wohngemeinschaft des Rivalen Stefan (Uwe Ochsenknecht) ein und beginnt den Feind auszuspionieren. Das Gefälle zwischen dem Manager und dem Lebenskünstler bringt den Stein, den die Frau nur angestoßen hat, ins Rollen. Die Annäherung zwischen den beiden vollzieht sich langsam, schließlich werden sich jedoch die Vorzeichen umkehren. Als die Frau eines Tages unangemeldet zum Frühstück erscheint, zieht Julius, um nicht erkannt zu werden, eine Gorillamaske an. Während er unter der Maske allerlei Unfug anstellt, versucht der mittlerweile gar nicht mehr so unkonventionelle Stefan ständig, ihn zurechtzuweisen und macht sich so selbst zum Affen. Ein Mann eben.
Die Affenmaske kommt nicht von ungefähr, denn Doris Dörrie geht wie eine Zoologin vor, untersucht den Mann auf freier Wildbahn. Bei den Vorarbeiten zu ihrem Drehbuch ist sie in Cafés gegangen, hat Männergesprächen gelauscht, dem Mann aufs Maul geschaut. Manches Mal scheint sie von ihren Erfahrungen allzuviel weitergeben zu wollen. Dann reden die beiden Männer über Dinge, die sich dem Zuschauer längst erschlossen haben, tauschen ihre verschiedenen Ansichten über Leben, Welt und Frauen aus, ohne daß es den Film weiterbrächte. Da kommt er zeitweise aus dem Takt, da werden die Dinge erläutert statt in Bewegung aufgelöst. Als habe Doris Dörrie an irgendeinem Punkt dem eigenen Mut und Elan mißtraut und geglaubt, sich für deutsche Verhältnisse zu weit vorgewagt zu haben. Wo sie doch sonst beherzigt, was Lubitsch einst so meisterlich vorführte: daß die Kunst der Komödie die Kunst der Auslassung, des Aussparens ist. In der Anfangssequenz führt Dörrie vor, daß sie das Handwerk beherrscht. Da folgt die Kamera der Sekretärin, als sie ins Büro des Chefs gerufen wird. Als sie zurückkommt, sieht man sie wieder von hinten, doch diesmal steht der Reißverschluß ihres Rockes offen.
Immerhin muß man schon zu Lubitsch greifen, um Doris Dörries Grenzen aufzuzeigen. Und von welcher deutschen Komödie der letzten Jahre könnte man ähnliches behaupten?
MÄNNER läuft im gestern wiedereröffneten Arri-Kino, mit dessen Renovierung offenbar auf die These gesetzt wurde, mehr Komfort bringe auch mehr Zuschauer. Das neue Neue Arri ist tatsächlich immer noch daß schönste Kino Münchens, auch wenn das neue Styling mit poliertem Stein nichts mehr von der anheimelnden Atmosphäre vor der Umgestaltung hat und außerdem neben der Leinwand ein offenbar zur Mehrzweckbenutzung der Bühne aufgestellter Flügel durch sein gespenstisches Leuchten den Blick ablenkt. Aber das läßt sich ja leicht beheben. Bleibt zu hoffen, daß das Programm doch etwas vielseitiger gestaltet, wird als bisher geplant. Im Januar wird auf der Bühne erstmal statt Filmen zwei Wochen lang Theater gespielt.