26. Februar 1996 | Focus Magazin | Filmkritiken, Rezension | Heat

Duell der Giganten

In HEAT treffen Al Pacino und Robert De Niro erstmals aufeinander

Schnell, präzise und brutal läuft der Überfall ab. Ein Geldtransporter wird ausgeräumt, drei Wachleute werden erschossen. Nach einer Minute ist alles vorbei. Hinter der Maske des Anführers steckt offenbar ein Mann, der weiß, was er tut.

Nur Augenblicke später ist die Polizei am Tatort. Die Leichen werden begutachtet, die Umgebung kontrolliert. Die Anweisungen des Chefs sind knapp und klar. Auch er weiß offenbar, was er tut.

Natürlich dauert es nicht lange, bis diese beiden Männer Feinde auf Leben und Tod sind. Und genauso schnell ist klar, daß sie sich ähnlicher sind, als sie wahrhaben wollen. Für dieses Duell zwischen Gangster und Cop setzt der Regisseur Michael Mann zwei große Schauspieler ein, die ebenfalls wissen, was sie tun: Robert De Niro und Al Pacino. Die beiden waren zwar schon im zweiten Teil des PATEN von Francis Ford Coppola zu sehen, sind aber dort nie wirklich aufeinandergetroffen.

Nun kommt es in HEAT zum Duell der Giganten. Und wenn sie sich zum erstenmal Auge in Auge gegenübersitzen, dann knistert es nicht nur, weil es sich um eine spannende Geschichte handelt, sondern auch, weil sich zwei Stars mit ihren Künsten messen. Pacino macht alles mit der Stimme, De Niro alles mit den Augen. Die erste Runde endet unentschieden.

HEAT ist eine Oper von Gesetz und Verbrechen – die Menschen tragen zwar nicht ihr Herz auf der Zunge, aber ihre Beziehungen sind auf schicksalshafte Weise verknüpft. Und obwohl die Handlung keine große Zeitspanne umfaßt, erzählt sie der Regisseur wie ein großes Epos. Stolze drei Stunden dauert es bis zum Showdown in der Einflugschneise des Flughafens von L. A. Vielleicht liegt das daran, daß in dieser Stadt alles dazu neigt, in die Breite zu gehen und auszuufern.

Los Angeles ist hier ohnehin so etwas wie der dritte Hauptdarsteller. An über 80 Schauplätzen hat Michael Mann gedreht und dabei ein Bild der Metropole gezeichnet, das ihre enorme Weite und Vielfalt wiedergibt. Verlassene Autokinos bei Tag, überfüllte Raststätten bei Nacht, abgelegene Lagerhallen und belebte Autobahnbrücken: Schon rein architektonisch ist der Film ein Genuß. Man findet in dieser Stadtlandschaft eine ähnlich majestätische Schönheit wie in den Wäldern des LETZTEN MOHIKANERS, den Mann zuvor gedreht hat. Vor allem natürlich, wenn die Kamera im blauen Dunst auf den Ozean hinausblickt oder in der Abenddämmerung auf die verführerisch funkelnde Stadt.

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