29. März 1985 | Süddeutsche Zeitung | Filmkritiken, Rezension | Fröhliche Ostern

Reden ist Action

Der 64. Belmondo-Film nach bewährtem Strickmuster

Wenn einer erst einmal 52 ist, dann kann er Frauen nicht mehr mit seinen schönen blauen Augen allein verführen. Das gilt auch für Jean-Paul Belmondo. Seine Anziehungskraft beruht heute nicht mehr auf ständiger Rastlosigkeit bei der Jagd nach Geld, sondern eher auf dem Geld selbst. Früher hätte er nicht so geprotzt mit einer goldenen Cartier-Uhr. Die Pre-title-sequence von FRÖHLICHE OSTERN klärt über die veränderten Voraussetzungen auf: Geld und Frauen hat er schon. Daß beides zusammenhängt, sieht man an der proportional zum Vermögen steigenden Zahl von Geliebten. Sein Problem besteht jetzt darin, wie er möglichst viele von ihnen möglichst unauffällig treffen kann. Dabei scheut er keinen Aufwand, hat Hubschrauber und Jacht zur Verfügung, um zwischen seine Termine als Bauunternehmer, ohne daß es seine Frau (Marie Laforet) merkt, eine Geliebte einzuschieben.

FRÖHLICHE OSTERN von Georges Lautner, der Belmondo bereits als Windhund, Puppenspieler und Profi hat auftreten lassen, ist mehr Komödie als Action-Film. Es geht darum, wie Sprache Handlung verhindert, mehr noch, wie Worte Handlung ersetzen.

Die Ausgangssituation ist so einfach wie tragfähig: Belmondo gabelt die junge Julie (Sophie Marceau) auf, die keine Bleibe für die Nacht findet. Kaum in der Wohnung angekommen, taucht unvermutet die Ehefrau auf und stellt ihn zur Rede. Nach dem Motto „Je unwahrscheinlicher, desto glaubhafter“ tischt Belmondo seiner Frau die Lüge auf, Julie sei seine bisher geheimgehaltene Tochter aus erster Ehe. Die Frau glaubt’s und Julie spielt mit. Belmondo möchte natürlich, bevor die Lüge auffliegt, die falsche Tochter schnellstmöglich wieder loskriegen. Doch seine Erfindung verselbständigt sich, seine Worte kehren sich gegen ihn: Seine Frau fühlt sich verpflichtet für die Tochter zu sorgen.

Die Lüge gebiert Kinder, die Fiktionen vervielfältigen sich, bis sie stärker sind als die Wirklichkeit. Belmondos Betriebsamkeit stößt dauernd an die Mauern, die die eigene Lüge errichtet hat. Sein Anrennen ist so vergeblich wie seine Verfolgungsjagd, die abrupt an einer Scheibe endet, die von zwei Glasern über den Gehsteig getragen wird. Der anschließende Kampf gegen die Benommenheit offenbart nebenbei noch Belmondos Talent zum Slapstick.

So amüsant war schon lange kein Belmondo-Film mehr, auch wenn am Ende doch wieder die Action die Oberhand behält. Die Dialoge sind (nicht zuletzt dank Rainer Brandts Synchronisation) unglaublich komisch. Daß dabei auch die sozialistische Regierung Frankreichs verspottet wird, tut dem Vergnügen keinen Abbruch.

FRÖHLICHE OSTERN ist künstlerisch sicherlich bedeutungslos, doch wen kümmert Innovation, wenn Bewährtes so vergnüglich funktioniert.

(In München im Matthäser und im Marmorhaus.)

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