Sentimental F/X
Robert Mandels Film BIG SHOTS
Rebellen in Hollywood: Es gibt sie immer noch, aber keiner bemerkt sie. Junge Regisseure geben sich auf einmal störrisch, wollen keine Erfüllungsgehilfen von Studioprojekten sein, sondern ihre eigenen Filme machen. Eisern widerstehen diese Abenteurer der Filmgeschichte, diese Wanderer in einem knallharten Gewerbe, den Sirenengesängen der Studios, dem Lockruf des Geldes. Martin Brest zum Beispiel hatte mit BEVERLY HILLS COP zig Millionen Zuschauer ins Kino gelockt, weigerte sich jedoch standhaft, auch bei der Fortsetzung Regie zu führen. Und Robert Mandel hatte mit F/X einen sauberen und auch rentablen Thriller hingelegt, der auf ungewöhnlich intelligente Weise den Einsatz von Spezialeffekten im neuen Hollywoodkino reflektierte. Aber auch er wollte trotz unzähliger Angebote nicht im selben Genre weiterarbeiten. Dann fand er aber doch Gefallen an einem Drehbuch, das ihm Ivan Reitman, der immens erfolgreiche Produzent und Regisseur von GHOSTBUSTERS und STAATSANWÄLTE KÜSST MAN NICHT, vorschlug.
Zwei Kids gegen die Unterwelt, eine Geschichte für und mit Kids. Mandel erzählt wie ein Schwarzer aus den armen und ein Weißer aus den reicheren Vierteln Chicagos sich zusammenraufen und gemeinsam stark ihre verlorenen Väter suchen. Nebenbei lassen sie auch noch große Teile der Unterwelt wie Idioten aussehen. Die beiden sind klein, und die Welt ist groß. Und der Raum dazwischen laßt eine Menge Platz für die Ängste und Vorstellungen der Zuschauer, für Mitleid und Mitfiebern. Mandel hat das sicher im Griff, mitunter sogar zu sicher. Seine Effekte – F/X würden die Amis verballhornt sagen – sind genau berechnet, die Konstruktion ist auf ihre Durchschlagkraft reduziert: Am Anfang wird der weiße Junge vom Vater beim Angeln aufgeklärt, dann wird im trauten Familienkreise gefrühstückt, Herzinfarkt, Beerdigung, heulendes Elend. Mandel setzt diesmal nicht auf die Spezial-, sondern auf die Sentimentaleffekte.
BIG SHOTS bezieht sich wohl weniger auf die beiden Jungs, als auf die Einstellungsgrößen. Denn Mandels Kamera agiert sehr großzügig, sauber und ordentlich. Aber auf dem Breitwandformat wird vor allem klar: Für so eine kleine Geschichtem ist der Regisseur einfach eine zu große Nummer.
(Im Royal und Marmorhaus.)