01. Juli 1990 | Süddeutsche Zeitung | Filmkritiken, Rezension | Der Harte und der Zarte

Persönlichkeitspaltung

Bob Clarks Film DER HARTE UND DER ZARTE

Wenn Gene Hackman einen Polizisten spielt, kann man sich im Kino ruhig zurücklehnen. Er wird nichts Falsches tun, er wird einfach da sein, wenn man ihn braucht. Er ist manchmal jungenhaft und unbeherrscht, aber immer wieder staunt er ungläubig darüber, was ihm die Welt alles zumutet In der ersten Szene muß er in einem Fall von Ruhestörung einschreiten. Die Bewohner eines Hauses haben sich über ein junges Paar beschwert, das es jede Nacht so lang und laut treibt, daß keiner ein Auge zutun kann. Hackman zieht seine Football-Jacke von den Washington Redskins aus, leiht sich ein Jackett und gibt sich als Mann vom Gesundheitsamt aus, der in Sachen Safer Sex unterwegs ist.

Später fragt ihn sein Kollege, ob er wisse, wofür sein Auto stehe? Und klärt ihn gleich auf, es stünde für seinen Schwanz. Hackman empfiehlt ihm, es mal mit Lobotomie zu versuchen. Sein liebevoll gepflegter Wagen bedeute etwas ganz anderes. Er liebe es nämlich das Geräusch, wenn er den Zündschlüssel herumdreht, sagt er, das repräsentiere für ihn Ordnung und Kontinuität So ist Hackman in diesem Film: etwas abseits, aber sehr gelassen. Also genau richtig.

Dan Ackroyd spielt auch mit ihm gehört die Show. Er ist ein Irrer mit bemerkenswerten forensischen Qualitäten, der alle-dings in Streßsituationen völlig aus sich heraustritt Wann immer er mit Problemen konfrontiert wird, fängt seine Persönlichkeit an, sich aufzuspalten in Serienhelden aller Art, vom Captain Spock bis zum Lone Ranger. Mit diesen Parodien ist Ackroyd in der Show von Saturday Night Live berühmt geworden. Und mit seinen Auftritten drängt er Hackman hier an den Rand des Geschehens. Zwischen den beiden entsteht jedoch nichts. Das Rezept mit dem ungleichen Polizistenpaar funktioniert nicht. Zu Ackroyd und Hackman kann einem auch beim besten Willen keine Geschichte einfallen.

Die Story ist entsprechend abenteuerlich. Es geht um Neonazis, die die Macht an sich reißen wollen. Von ihrem Kandidaten existiert allerdings ein Film aus dem Führerbunker, auf dem man sieht, wie er Hitler den Fangschuß verpaßt Hinter der Filmrolle sind nicht nur die deutschen Ki¬ler her, sondern auch der israelische Geheimdienst samt seiner hübschen Anführerin. DER HARTE UND DER ZARTE ist ein besonders bizarres Exemplar aus dem Genre Hollywood und die Nazis. Sonst nichts.

(In München im Royal, Marmorhaus und Karlstor. Das Original mit dem Titel Loose Cannons läuft im Europa.)

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