23. November 1990 | Die Zeit | Filmkritiken, Rezension | Der Rosengarten

DER ROSENGARTEN von Fons Rademakers

Unglaubwürdig

Der Film hat ein Anliegen. Er möchte daran erinnern, daß in Deutschland nach dem Krieg zu viele Schuldige ungeschoren davongekommen sind und daß die Justiz dabei nicht ganz unschuldig ist. Außer diesem Anliegen hat der Film nichts.

DER ROSENGARTEN ist eine Produktion für den internationalen Markt. Für die Filmemacher bedeutete das offenbar, daß man nichts voraussetzen darf. Der größte gemeinsame Nenner, auf den sich die Geschichte international bringen läßt, sind ihre Stars, die beide ohnehin für die gerechte Sache stehen: Liv Ullmann und Maximilian Schell. Aber es wird mit ihnen umgesprungen, als könnten sie niemandem etwas vormachen, als besäßen sie nicht die Fähigkeit, mit einem Blick auszudrükken, wozu das Drehbuch viele Worte braucht. Der Film verkauft also nicht nur die Zuschauer, sondern auch noch die eigenen Leute für dumm.

Auf dem Frankfurter Flughafen schlägt ein alter Mann einen noch älteren zusammen, und es wird sofort klar, daß hier ein Opfer späte Rache an einem Täter zu nehmen versucht. Der Film zeigt statt dessen die Justiz, wie sie verständnislos rätselt, was wohl in den rabiaten Mann gefahren sein mag, der so beharrlich schweigt. Auch die eintätowierte Nummer auf seinem Unterarm bringt erst mal niemanden auf die Spur. Eine Ewigkeit vergeht, ehe der Film zur Gewißheit werden läßt, was jeder von Anfang an sehen kann.

Das Drehbuch ist hölzern, die Regie leblos, die Kamera einfallslos. Wie uns der Film beizubringen versucht, warum die Rechtsanwältin den Fall des alten Mannes übernimmt, gehört zum Indifferentesten, was dem Kino seit langem zu dieser Konstellation eingefallen ist. Es gibt weder eine Logik des Handelns noch eine Logik der Gefühle. An seinen Charakteren ist der Film nicht interessiert, ganz gleich, ob sie Täter oder Opfer sind. So wird auch das Interesse an der Aufklärung des Falls unglaubwürdig. Wer nur ein Anliegen hat, hat gar nichts.

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