23. November 1998 | Süddeutsche Zeitung | Rezension, Videoclip-Kritik | Ganster Trippin

Videotext: Fatboy Slim / Gangster Trippin

Wenn junge Musik einen tieferen Sinn hat, dann den, alles kaputt zu machen, woran ältere Menschen hängen. Und wenn dieser Clip einen Sinn hat, dann denn, diesen Satz ein zu eins umzusetzen. Das bedeutet: drei Minuten und zwei Sekunden totaler ungehemmter Spaß. Alles fliegt in die Luft, und zwar in Superzeitlupe, so daß man auch alles sehen kann: eine Toilette, ein Kühlschrank, ein Bücherregal, ein Kleiderschrank, ein Spiegeltisch, ein Wohnzimmerschrank mit Stereoanlage, ein Mädchenbett mit Plüschtieren. Super. Man wird richtig ungeduldig: Manchmal muß man ein bißchen warten, bis es endlich kracht. Dann brüllt man: Macht kaputt, was euch kaputt macht! Aber jenseits der Zerstörungswut wird hier auch ein Sinn für die Schönheit und Choreographie der Explosion sichtbar. Fast hat man den Eindruck, irgendwie entspräche das dem natürlichen Bedürfnis der Gegenstände, sich dem Gefängnis ihrer langweiligen Form zu entwinden. Als würden all die Kloschüsseln und Wohnzimmerschränke nur darauf warten, sich endlich wieder zersetzen zu können und aufzugehen in einem Materienebel, um sich dann wieder zu neuen Formen zu verbinden. Der Regisseur heißt Roman Coppola, und bei dem Namen ist es kein Wunder, daß er die Filmgeschichte kennt. 1969 hat Michelangelo Antonioni in seinem Film ZABRISKIE POINT ebenfalls eine ganze Villa in Superzeitlupe in ihre Bestandteile zerlegt – aber das war damals in Panavision und Metrocolor.

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