12. November 1993 | Süddeutsche Zeitung | Film-Tips, Rezension | Film-Tips 12.11.1993

Das Leben ist leer und sinnlos geworden. Die Antonioni-Reihe im Filmmuseum ist vorbei, jetzt muß man sich einen neuen Zeitvertreib suchen. Was könnte das sein?

Black is Beautiful

Das Werkstattkino zeigt die vier besten Filme mit, um, über und zumeist auch von Schwarzen aus den neunziger Jahren. Diese Woche läuft HANGIN‘ WITH THE HOMEBOYS um 21 und WHITE MEN CAN’T JUMP um 23 Uhr. Das eine ist der beste Rumhängfilm seit DINER, der andere der beste Sportfilm seit THE NATURAL. Joseph B. Vasquez erzählt von vier Jungs aus der Bronx, die Freitagabend Spaß haben wollen, sich lange darum streiten, wie das zu bewerkstelligen wäre, und schließlich nach Manhattan aufbrechen, was sich als echt gefährliches Pflaster entpuppt. Ron Shelton, der in Bull Durham schon dem Baseball ein Denkmal errichtet hat, feiert in White Men Basketball, und zwar das Spiel zwei gegen zwei auf einen Korb. Auf den Straßen und Hinterhöfen von L.A. spielt der Film, in dem sich zwei Großmäuler, Wesley Snipes und Woody Harrelson, zusammentun, um groß abzuzocken. Beide Filme treiben ihr Spiel mit den Vorurteilen zwischen Schwarz und Weiß, um damit nicht Ernst machen zu müssen. Man muß sie also beide gesehen haben. Nächste Woche gibt’s dann DEEP COVER und NEW JACK CITY, zwei weitere unterschätzte Glanzstücke des Kinos der letzten Jahre.

Lynchnotiz

Im Arri wird wieder über Film geredet. Nach Sloterdijk und Theweleit nun also Robert Fischer, der ein Buch über David Lynch geschrieben hat und nun BLUE VELVET mit einem Vortrag einführt: ‚Vielleicht ist es das, was Lynchs Filmen ihre Faszination und hypnotische Kraft verleiht: die Beschwörung eines pränatalen Zustands, die Sehnsucht nach der Geborgenheit im Mutterleib, verbunden mit der Angst, als hilfloses Wesen in eine wie auch immer geartete und wie auch immer aussehende Welt gestoßen zu werden.‘ Beginn um 11 Uhr, Film um 12.30 Uhr, Diskussion von 14.45 Uhr an unter der Leitung von Bodo Fründt.

Requiem für Fellini

Zur Erinnerung an den verstorbenen Fellini zeigt das Filmmuseum am Samstag und Sonntag um 15 Uhr seinen besten Film I VITELLONI, zu dem dem Regisseur 1983 folgendes in Erinnerung geblieben war: ‚Die Vitelloni von hinten, auf jenem Landungssteg, der weit ins Meer hinausführt, in ein graues, winterliches Meer unter einem dichten, wolkenverhangenen Himmel; mein Bruder, der seinen Hut mit der Hand festhält, damit der Wind ihn nicht fortweht, und der Schal von Leopoldo Trieste, der in Moraldos Gesicht flattert; der Lärm der Brandung und die Schreie der Möwen. Auch ich war zuletzt bezaubert von dieser Einstellung des Films, die wie ein Symbol, wie ein Poster wirkt.‘ Dazu läuft am Samstag um 17.15 und 20 Uhr JULIA UND DIE GEISTER.

Heute und morgen zeigt das Theatiner in der Spätvorstellung J’EMBRASSE PAS von André Téchiné, einen Film über Paris und Provinz, Liebe und Gewalt, Schönheit und Ekel.

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