11. Februar 1994 | Süddeutsche Zeitung | Film-Tips, Rezension | Film-Tips 11.02.1994

Joseph Cotten ist tot. Da ist es immer schön, wenn der Zufall der Trauer in die Hände spielt. Vorigen Montag war er in UNDER CAPRICORN zu sehen, nächsten Donnerstag läuft DER DRITTE MANN im Theatiner in der Spätvorstellung. Ja, da zündet er sich am Ende eine Zigarette an und trottet wie ein Schatten hinter Alida Valli her, so wie die Erinnerung an ihn dann den Kinogehern aus dem Saal hinausfolgt in die Nacht.

Ken Adam und seine Family

Im Apollo im Forum der Technik im Deutschen Museum – von jetzt an nur noch Apollo genannt – laufen zur Ausstellung des Ausstatters Ken Adam auch ein paar Filme. Am Samstag um 18.15 Uhr zum Beispiel BARRY LYNDON, der Adam zwar einen Oscar, aber nicht viel Spaß gebracht hat, weil seine Arbeit vor allem darin bestand, nach Vorlagen zu arbeiten. Was nichts daran ändert, daß der Film trotzdem grandios ist. Außerdem läuft er im Original, genauso wie ADDAMS FAMILY VALUES, der heute um dieselbe Zeit zu sehen ist und der zu den vorbehaltslosesten Vergnügungen im deutschen Kinoprogramm zählt. Neben dem Production Design gilt unsere ganze Liebe vor allem Baby Pubert, dem Gruppenkuscheln im Summer Camp und dem feurigen Tango von Raul Julia und Anjelica Huston.

Lehrjahre des Gefühls, Erziehung des Herzens: Die Lupe bringt zum 15. Todestag – jeder Grund ist in diesem Fall gut genug – Filme von Jean Renoir. Heute um 17.30 Uhr DIE GROSSE ILLUSION, morgen um 17.15 Uhr DIE SPIELREGEL. Sonntag um 17.15 Uhr THE RIVER. Montag um 17.15 Uhr DIE GOLDENE Krosse. Was will man mehr? Da hat man alles, was man braucht, um durch den eisigen Februar zu kommen.

Dienstag und Mittwoch läuft dann ebenfalls in der Lupe um 16.30 Uhr Bertoluccis Himmel ÜBER DER WÜSTEan dem eigentlich alles stimmt außer der Tatsache, daß er besser von Antonioni gedreht worden wäre. Und im Theatiner wird heute und morgen um 23 Uhr THE LADY EVE von Preston Sturges mit Untertiteln gezeigt, die schönste aller Screwball-Komödien mit Henry Fonda, Barbara Stanwyck und allerlei anderen Schlangen beiderlei Geschlechts.

Hauptstadt der Bewegung

Im Filmmuseum laufen zur Ausstellung ‚München – Hauptstadt der Bewegung‘ Programme, die die Zeit zwischen Kurt Eisners Begräbnis und der Befreiung von Dachau dokumentieren. Heute um 18 Uhr wird Münchens Weg ins Dritte Reich gezeigt: Bilder aus dem November 1918 und einer Friedenskundgebung auf dem Oberwiesenfeld bis zum November 1933, als die Fahnen der Freikorps der SA übergeben werden. Am Samstag um dieselbe Zeit läuft ein Programm ‚Rund um die ,Ehrentempel“, vom Bau 1934 bis zu ihrer Sprengung 1947. Um 21 Uhr dann ein Farbprogramm aus dem Jahr 1938, als Josef Eckstaller die Nacht der Amazonen oder den Tag der Deutschen Kunst filmte. Sonntag um 15 Uhr werden einige Programme rund ums Haus der Deutschen Kunst gezeigt. Um 18 Uhr dann das Beste von Karl Valentin aus den Jahren ’33 bis ’36 und um 21 Uhr dagegen Filme von Eva Braun. Montag um 18 Uhr werden Aufnahmen des US Signal Corps gezeigt von der Befreiung. Um 21 Uhr ein Spielfilm von John Farrow, THE HITLER GANG, eine Fiktion, die sich an den Fakten entlanghangelt.

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