26. Februar 2000 | Süddeutsche Zeitung | Porträt | Tony Randall

Der Stromlinien-Reformer

Tony Randall wird 80 – kein Grund zum Feiern

Manche Leute müssen sich die 80 hart erkämpfen – andere kommen schon mit 80 zur Welt. Damit ist nicht unbedingt die Altersweisheit gemeint, sondern eher jenes Gefühl, die Last der Welt auf den Schultern zu tragen und alle Erfahrungen schon gemacht zu haben – insbesondere die schlechten. Und unter diesen vor allem jene, die mit Krankheiten zu tun haben, welche man wiederum gar nicht alle gehabt haben muss, um sich wirklich schlecht zu fühlen.

Tony Randall ist also am 26. Februar 1920 im Alter von 80 Jahren zur Welt gekommen und zwar in dem Ort Tulsa in Oklahoma, wo man schätzungsweise mit Typen wie ihm nicht viel Geduld hatte. Wahrscheinlich haben ihn die Stärkeren in der Klasse fortwährend verprügelt und beim Football war er der Letzte, der übrig blieb, wenn die Mannschaften gewählt wurden. Schwer vorstellbar, dass es anders gewesen sein könnte. So oder so war sein Motto vermutlich: Erfolg ist die beste Rache.

Die erste Hälfte der fünfziger Jahre verbrachte Randall noch beim Fernsehen in Serien wie ONE MAN’S FAMILY und MR. PEEPERS, ehe er mit Frank Tashlins SIRENE IN BLOND und seinen Rollen an der Seite von Rock Hudson und Doris Day den Durchbruch schaffte. In seinen Rollen hieß er Rockwell Hunter, Jonathan Forbes oder Arnold Nash, welche als Namen schon so stromlinienförmig klangen, wie die Schwanzflossen der amerikanischen Autos in den Fünfzigern aussahen.

Stromlinienförmigkeit war denn auch Randalls Traum: mitmachen, dabei sein, Erfolg haben, geliebt werden. Aber das ist nicht so leicht, wenn man sich dafür so sehr anstrengen muss wie er. Mal war er korrekt bis zum Erbrechen, dann wieder so aufgeschlossen, dass es zum Lachen war. Stets mit jener säuerlichen Miene, die sardonisch wirken will, aber mehr nach Magengeschwür aussieht. Mal war er der Dandy im Schongang, wenn er bunte Einstecktücher oder gewagte Krawatten trug, mal der Stadtneurotiker im Overdrive, wenn er vor lauter Hypochondrie und Ordnungswahn alles Wesentliche aus dem Blick verlor.

Letzteres verkörperte er in Reinkultur in der Serie MÄNNERWIRTSCHAFT, wo er Jack Lemmons Interpretation des Felix Unger noch übertraf und an Jack Klugmans Seite den wandelnden Nebenhöhlenkatarrh spielte. Aber man darf sich von Tony Randall nicht täuschen lassen: 1997 hat er im Alter von 77 Jahren mit einer 50 Jahre jüngeren Frau noch ein Kind bekommen. Das schaffen in der Tat nur die wenigsten: Erfolg ist doch die beste Rache.

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