16. März 2000 | Süddeutsche Zeitung | Porträt | Michael Crichton

Tipps aus dem Jurassic Park

Wie man sich mit Michael Crichton das Rauchen abgewöhnen kann

Das Mindeste, was man von amerikanischen Bestsellerautoren erwarten kann, ist, dass sie fettfrei leben, nicht rauchen und Assistenten haben, die Schaden von ihnen abwenden. Nichts von alledem trifft gottlob auf Michael Crichton zu, wie man bald merkt, als er sich auf Einladung seines Verlegers Karl Blessing anlässlich der Vorstellung seines neuen Romans „Timeline” in der Käfer-Opernstube die Ehre gibt. Auch wenn dies nicht unbedingt sein bestes Buch ist, so muss man doch zugeben, dass der JURASSIC PARK-Autor seine Millionen zu recht verdient, weil seine Romane stets um vieles klüger sind als in der Flughafenliga der Literatur erforderlich. Fragt man ihn, was er so liest, dann nennt er keinesfalls seine Kollegen in der Champions League der Millionenseller. Graham Greenes „Ende einer Affäre” hat er gerade im Flugzeug liegen lassen, aber Casanovas Memoiren verschlingt er. Was ihn gerade vor allem interessiert, ist ein „Timeline”-Videospiel – wenngleich ihn frustriert, dass die Möglichkeiten nicht mit seinen Vorstellungen Schritt halten können. Aber vielleicht ist das sein Geheimnis: dass er der Wirklichkeit immer einen Schritt voraus ist. Bei seinen gut zwei Metern Körpergröße kein Wunder. Er ist 58, sieht zehn Jahre jünger aus und hat, wie man so sagt, kein Gramm Fett zu viel.

Trotzdem isst er die Kalbsrückenroulade in Salbei ohne Zicken und raucht sogar mehrere Zigaretten, obwohl er, wie er sagt, bestenfalls alle zwei Tage eine anzündet. Zwei Schachteln habe er früher geraucht. Der Trick? Man müsse sich beim Einschlafen zwei Bilder vergegenwärtigen: einmal aus subjektiver Perspektive, wie man raucht; dann aus fremdem Blickwinkel, wie man nicht raucht. Erst stelle man das eine Bild vor dem geistigen Auge klein neben das andere, dann umgekehrt. So müsse man ein paar Mal hin und herschalten – dann wache man am anderen Morgen auf und rauche drei Tage lang nicht. Bei ihm habe es funktioniert, sagt er lachend – und zündet sich dann doch eine an. Wie auch immer: Dieser pragmatische Zugang zum Leben (und Erzählen) ist es, der amerikanische Bestsellerautoren auszeichnet.

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