19. Februar 1999 | Süddeutsche Zeitung | Bericht, Berlinale | Berlinale 1999

Schlechte Aussichten

Berlinale II: Wim Wenders und 
der „Buena Vista Social Club”

Den alten Herren vom Buena Vista Social Club war der Flug zu weit und Berlin zu kalt – so sparten sie sich die Reise. Und der Meister selbst war auch nicht da. Aber immerhin grüßte Wenders in bekannt multimedialer Art per Video von den Dreharbeiten zu „Million Dollar Hotel” aus Los Angeles. Mit so einer Musik, sprach er an der Seite von Ry Cooder, könne man nun wirklich keinen schlechten Film machen. Und als er aus seinem kurzen Clip abtrat, bauten im Hintergrund zwei Bühnenarbeiter die Buchstaben R wie Ry und W wie Wim auf – dieser kleine Scherz war auch das letzte, was an diesem Abend seine Handschrift trug.

Der 105-minütige Dokumentarfilm über die alten kubanischen Musiker, die von Ry Cooder wiederbelebt wurden und plötzlich weltweit wieder in aller Ohren waren, hat alles, was Musikdokumentationen üblicherweise auszeichnet – und nichts von dem, was Wenders auszeichnet. In seinem Essay über den Modemacher Yamamoto hat er einst gezeigt, was ein persönlicher Blick alles zutage fördern kann. In Kuba findet seine Kamera nur, was auch dem durchschnittlichen Touristen ins Auge sticht: alte, bunte amerikanische Limousinen, alte, bunte Häuser, alte, bunte Männer. Letztere machen in der Tat tolle Musik, aber Wenders wählt eine so stereotype Art, jeden einzeln vorzustellen, daß selbst deren Attraktion sich abzunutzen beginnt. Erst gegen Ende zeigt er die Combo beim Ausflug nach New York, und man bekommt eine Ahnung, wovon der Film auch hätte erzählen können. Kurz faßt die Kamera dabei das Plakat zu Emmerichs „Godzilla” ein: „Size does matter”. Was Wenders damit sagen will, ist vermutlich klar – die Frage ist nur: What is the matter with Wim? Was ist bloß mit Wenders los?
MICHAEL ALTHEN

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