31. Juli 1995 | Focus Magazin | Bericht | Batman Forever

Batman Forever

Fliegt die Fledermaus nun für immer und ewig? Leichter, bunter und schriller – mit einem neuen Production-Design und einer riesigen Marketing- Kampagne geht „Batman Forever” auf Rekordjagd

Mit Leonardo da Vinci fing alles an. Als der Zeichner Bob Kane hörte, daß man mit einem Helden wie Superman 800 Dollar die Woche verdienen konnte, beschloß er, einen eigenen Superhelden zu erfinden. Zur Inspiration blätterte er in einem Buch über da Vinci und stieß auf die Zeichnung eines Fluggleiters, auf dem ein Mann in einem Gestell mit riesigen Flügeln hängt. Die Idee, schrieb da Vinci, sei ihm beim Anblick von Fledermäusen gekommen. Das beflügelte auch Bob Kanes Phantasie, und er verband das Bild der Fledermaus mit dem von Zorro, dem maskierten Rächer, zu seinem Helden Batman. Aber statt 800 Dollar die Woche bekam er fünf Dollar pro Seite. Das war 1939.

Ein halbes Jahrhundert später kam BATMAN in die Kinos, nachdem es in den 40er und 60er Jahren bereits drei flügellahme Adaptionen gegeben hatte. Doch diesmal war die Zeit offenbar reif für den schwarzen Rächer. 250 Millionen Dollar spielte der Film allein in den USA ein, 400 Millionen weltweit. BATMANS RÜCKKEHR brachte es drei Jahre später immerhin noch einmal auf 300 Millionen Dollar.

Das wahre Geschäft spielte sich jedoch darum herum ab. Auf zwei Milliarden Dollar werden die Einnahmen aus dem Merchandising der ersten beiden Folgen geschätzt: Spielzeug, Videospiele, Bekleidung, alles im Zeichen der Fledermaus. Bat-Shirts, Bat-Mützen, Bat-Krawatten, Bat-Socken, Bat-Wäsche, Bat-Pyjamas, Bat-Parfüm, Bat-Schaumbäder. Nur die Bat-Geburtstagstorte war ein Flop. Beim schwarzen Zuckerguß verging den meisten offenbar der Appetit.

Beim ersten BATMAN war man vom Erfolg noch so überrascht, daß praktisch jeder, der schwarzes bedruckbares Material anschleppte, eine Lizenz bekam. Am Ende hatte man allein für T-Shirts 19 Vertreiber, insgesamt waren es 100 Lizenznehmer. Es wird geschätzt, daß dennoch etwa ein Viertel der Produkte, vor allem T-Shirts und Buttons, ohne Lizenz verkauft wurden.

Beim zweitenmal war Warner Bros. klüger, hat für T-Shirts nur noch zwei Lizenzen vergeben, um die Übersicht zu bewahren, und von American Banknote Holographies kleine Hologramme entwerfen lassen, mit denen etwa 50 Millionen Bat-Produkte offiziell gekennzeichnet wurden.

Weil das wahre Geschäft also nicht nur an der Kinokasse gemacht wird, ging es beim dritten Teil der Saga weniger um den Film als darum, die Lizenznehmer bei der Stange zu halten. Der zweite Teil, in dem Regisseur Tim Burton seinen bizarren Phantasien freien Lauf gelassen hatte, war von vielen als zu düster empfunden worden. Deshalb, sagt Dan Romanelli, Präsident von Warner Consumer Products, war nun das Ziel, das positive Image wiederherzustellen. Die Regie übertrug man Joel Schumacher, der eine Art Mann für alle Fälle ist und als ehemaliger Kostüm- und Production-Designer genau verstand, was das Studio wollte: Batman sollte wieder für unbeschwerten Spaß stehen.

Ende 1993 wurden 200 Lizenznehmer aufs Studiogelände gekarrt. Dort stellte man ihnen das neue Projekt vor und versprach, BATMAN FOREVER werde nicht mehr düster, sondern knallbunt aussehen.

Neue Probleme tauchten auf: Hauptdarsteller Michael Keaton stieg aus. Es hieß, er habe keine Lust mehr, dauernd von den diversen Bösewichtern in den Schatten gestellt zu werden. In Wahrheit konnte er sich wohl mit dem Studio nicht über Gage und Gewinnbeteiligung einigen. Man entschied sich für Val Kilmer, der die Figur weniger aggressiv und dafür etwas romantischer gestalten sollte – und in jedem Fall billiger war.

Als nächstes zierte sich Robin Williams, der den Riddler spielen sollte. Er wurde durch Jim Carrey ersetzt, von dessen Erfolg mit DIE MASKE man damals noch nichts ahnen konnte. Dazu kamen Chris O´Donnell als Robin (nachdem Robbie Williams von Take That und Marky Mark wieder verworfen worden waren), Nicole Kidman als Dr. Chase Meridian und Tommy Lee Jones als Two-Face. Sie alle bekamen ein neues, bunteres Outfit, das die Schatten der Vorgänger vertreiben sollte. Und aus Leather & Lace (Leder & Spitzen) in der Comicvorlage, den beiden Gespielinnen des Bösewichts Two-Face, wurden etwas jugendfreundlicher Sugar & Spice (Zucker & Würze).

Das Facelifting hatte Erfolg. Man gewann genügend Promotion-Partner, die ihre Produkte mit Batman präsentieren wollten – sogenannte Tieins in der Größenordnung von 45 bis 50 Millionen Dollar.

McDonald´s, das nach der Kritik am gewalttätigen zweiten Teil seine Werbestrategie hastig geändert hatte und auf Warner ziemlich sauer war, ist auch wieder dabei. Auf 30 Millionen Tabletts sind nun Fastfood-Kunden darüber aufgeklärt worden, welche Bat-Produkte sie wo erwerben können. Durch solche Aktionen kann ein Studio seine eigenen Werbeausgaben niedrig halten – und dafür etwa die Kopienzahl erhöhen. 4000 – soviel wie nie zuvor – waren es in den USA. In Deutschland bevölkert die Fledermaus 350 Leinwände – nachdem sich die großen US-Verleihe eigentlich darauf verständigt haben, Filme mit maximal nur 300 Kopien zu starten.

Der Amerika-Start brach alle Rekorde. Allein in den ersten drei Tagen spielte er 52 Millionen Dollar ein, nach zehn Tagen hatte er die 100 Millionen erreicht. 150 neue Produkte gehen damit einher, nicht nur T-Shirts und Tassen, sondern auch Cocktailkleider von Todd Oldham und Schmuck von Robert Lee Morris (55 Dollar für Ohrringe, 1500 Dollar für einen Bat-Gürtel mit einer Schnalle aus Sterling-Silber). Das Markenzeichen lebt.

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