25. Juni 1993 | Süddeutsche Zeitung | Film-Tips, Rezension | Film-Tips 25.06.1993

Wem das Filmfest zu groß, zu bunt, zu schön ist, der muß nicht traurig sein. Auch sonst gibt es noch reichlich zu sehen. Zur Einstimmung auf den Wahnsinn im Gasteig paßt nichts besser als ein Film von Blake Edwards, der sich mit schönen Bescherungen aller Art besser auskennt als jeder andere.

Flic und Erbe

Wie tollkühn Edwards ist, sieht man schon daran, daß ihn nicht einmal der Tod seines Hauptdarstellers Peter Sellers daran hinderte, weitere Filme über den Inspektor Clouseau zu drehen. DER ROSAROTE PANTHER WIRD GEJAGT entstand 1982 als verspäteter Nachruf auf seinen Lieblings-Partyschreck. Joanna Lumley, bekannt als Diana Riggs Nachfolgerin bei John Steed, spielt eine Journalistin, die das Verschwinden des berühmten Flics recherchieren soll. Für die Rückblenden hat Edwards nicht verwendete Szenen der früheren Clouseau-Filme montiert und Sellers damit ein angemessen monströses Denkmal gesetzt. Im folgenden Jahr machte er in DER FLUCH DES ROSAROTEN PANTHERS dasselbe nochmal, ehe er nun in Roberto Benigni einen hoffentlich legitimen Erben gefunden hat, den man vom Herbst an in DER SOHN DES ROSAROTEN PANTHERS sehen kann. Die sechste Folge der Reihe von 1982 kann man heute noch um 22.45 Uhr im Theatiner sehen, ehe auch dort der Wahsinn losbricht.

Kaiser und Arbeiter

Die Lupe, voraussichtlich nächstes prominentes Opfer der Münchner Mietwucherei, zeigt, was sie kann: Eine kleine Werkschau von Michelangelo Antonioni, über den Alfred Andersch schrieb: ‚Wie es das Gesicht eines aurelianischen Kaisers ist, so könnte es das eines Arbeiters sein. Im Gespräch keine italienischen Gesten, keine Tulpenhand, kein Agieren, doch auch keine Gehemmtheit, nur genau Stille.‘ Was vor allem heißt, daß der Mann aus Ferrara von allen Regisseuren seiner Epoche der coolste war, der einzige wahre Popstar unter ihnen. Mit BLOW-UP (Freitag um 18.15 und 20.20 Uhr) und ZABRISKIE POINT (Samstag zu denselben Zeiten) hatte er den Finger ganz am Puls der Zeit, wodurch die Rezeption etwas behindert wurde. Denn in beiden Filmen geht es genauso um den Raum und die Stille, um leere Zeichen und schwere Melancholie, wie in La notte, die am Sonntag und Montag um 17.45 und 20.15 Uhr läuft.

Himmel und Hölle

Nochmal Lupe, am Dienstag: Bunuels DER WEG, DER ZUM HIMMEL FÜHRT ist auch eine Reise in die Hölle. Die Busgesellschaft macht auf der zweitägigen Fahrt in die nächste große Stadt alles durch, was das Leben so zu bieten hat: Liebe, Haß, Sex, Geburt, Tod. 1951 sah der Spanier noch realistisch, was er später surrealistisch aussehen ließ.

Bis Sonntag zeigt die Lupe in der Spätvorstellung George Millers DIE HEXEN VON EASTWICK, in dem Cher, Michelle Pfeiffer und Susan Sarandon durch eine Affäre mit der Hölle in den Himmel der Liebe kommen.

Von Montag an läuft dann am selben Ort zur selben Zeit Orson Welles‘ DIE LADY VON SHANGHAI, in der man sehen kann, daß die Liebe die Hölle sein kann.

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