08. März 1996 | Süddeutsche Zeitung | Film-Tips, Rezension | Film-Tips 08.03.1996

So muß das funktionieren: In den Kinos läuft NIXON von Oliver Stone, und das Filmmuseum bringt dazu Filme, die das Bild ergänzen, verdeutlichen, zurechtrücken können.

Tricky Dick

Am Montag um 18 Uhr läuft SECRET HONOR (1984), Robert Altmans Verfilmung des Bühnenstücks von Donald Freed und Arnold M. Stone, in dem Philip Baker Hall laut Variety 90 Minuten lang ‚Nixons Wahn mit solch physisch und sprachlich beeindruckender Präsenz spielt, daß ihm die Academy einen Oscar für den besten Darsteller überreichen müßte. Halls Art, durch das Arbeitszimmer zu stolpern und seine Memoiren auf Tonband zu sprudeln, ist lehrbuchreif; seine Ähnlichkeit mit Nixon häufig geradezu bestürzend.‘

Das Gegenstück bildet ALL THE PRESIDENT’S MEN (1976) von Alan J. Pakula, in dem Nixon das Phantom ist, um das der ganze Film kreist. Zu sehen ist der Präsident nur auf Fernsehbildern, aber umso präsenter ist er in den Reden der Leute und mehr noch im Schweigen. Robert Redford und Dustin Hoffman sind gut wie nie, zwei kleine Jungs, die ins Dunkel rufen und die Antworten fürchten. Jason Robards ist als Chef der Washington Post wie ein Vater zu ihnen, und Hal Holbrook spielt die geheimnisvolle Quelle Deep Throat, die bis heute nicht identifiziert worden ist. DIE UNBESTECHLICHEN läuft am Montag um 21 Uhr.

Nochmal Dustin Hoffman, in der beklemmendsten Rolle seines Lebens in Sam Peckinpahs STRAW DOGS, wo er so systematisch in die Enge getrieben wird, bis er wie ein Tier reagiert. Der amerikanische Mathematiker wird in seinem englischen Dorf so lange gedemütigt, provoziert und schikaniert, bis er gegen seine Natur zurückschlägt. Die enorme Brutalität des Films erwächst weniger aus dem Sichtbaren als aus der unsichtbaren Zwickmühle, in der jeder Zuschauer im Nu gefangen ist. Was trennt den Mensch vom Tier, was den Zivilisierten von dem Barbaren? Wer nach diesem Film auf solche Fragen eine Antwort geben kann, hat entweder Glück oder keine Augen im Kopf. WER GEWALT SÄT…(1971) läuft im Werkstattkino um 20.30 Uhr, danach um 23 Uhr wird Peckinpahs erste Regiearbeit THE DEADLY COMPANIONS (1961) gezeigt, in dem drei Rivalen eine Tänzerin und den Sarg ihres erschossenen Sohnes durch ein Gebiet feindlicher Indianer begleiten.

Lancaster und Ronet

Das Filmmuseum zeigt am Samstag um 20.30 Uhr IL GATTOPARDO (1962) und die Lupe am Mittwoch um 17.45 und 20.15 Uhr GEWALT UND LEIDENSCHAFT (1974), in denen Luchino Visconti und Burt Lancaster davon erzählen, daß die Dinge sich ändern müssen, um die gleichen zu bleiben. Beide Male wird ein alter Mann mit der nachfolgenden Generation konfrontiert, und es brauchte schon jemanden wie Lancaster, dessen Körper stets die Ahnung einstiger Jugend und die Trauer um ihren Verlust transportierte, um das Gleichgewicht zwischen den Altersgruppen zu wahren.

Maurice Ronet gehörte auch zu denen, deren Züge immer schon einen Abschied in sich trugen. Zweimal kann man ihn diesmal sehen, als Verlorenen, der beide Male in die Hölle unentrinnbaren Verderbens gerät. Zum ersten Mal in Louis Malles FAHSTUHL ZUM SCHAFOTT (1958), den das Theatiner heute und morgen in der Spätvorstellung zeigt; und zum zweiten Mal in LE SCANDALE (1966), den das Filmmuseum am Dienstag um 21 Uhr zeigt. Besonders bemerkenswert sind daran der Vorspann und das Ende, in dem die Kamera das Trio infernal in ewiges Dunkel taucht. Der Film wurde immer als Nebenwerk Chabrols abgetan, dabei gehört er zu seinen besten.

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