Ein kühles Bier oder zwei
So muß es sein: Die Füße auf dem Geländer übereinandergeschlagen, den Hut übers Gesicht gezogen, ein Nickerchen im Stuhl auf der Veranda. So döst James Stewart vor sich hin und wird dann mit einem kühlen Bier geweckt, das vermutlich das schönste, goldenste, verführerischste Bier der Filmgeschichte ist. Leider fängt da der Film gerade erst an, und im Kino muß man dann bis zum Ende warten, bis man sich selbst eines genehmigen darf.
Wenn man sich ZWEI RITTEN ZUSAMMEN (Pro 7, Sonntag, 16.15 Uhr) im Fernsehen ansieht, sollte man sich also gleich ein Bier einschenken, ehe man sich hinsetzt. Dann ist man für dieses Alterswerk aus dem Jahr 1961 auch besser gerüstet, weil John Ford hier mit knappen Strichen und ohne jede Illusion noch mal skizziert, was ihn ein Leben lang bewegt hat. James Stewart soll mit Richard Widmark für Siedler von den Indianern zum Teil vor Jahren verschleppte Familienangehörige zurückkaufen, und die Art und Weise, wie sich seine düsteren Prophezeiungen erfüllen, gibt dem Film eine Schärfe, die ganz im Widerspruch zu seinem anfangs so gelassenen Tonfall steht. Am Ende erkennt Stewart immerhin, daß eine schattige Veranda und ein kühles Bier auch nichts wert sind, wenn man sich dafür selbst verleugnen muß.
Fords Film war der Anfang vom Ende einer langen Western-Tradition, Ciminos HEAVEN’S GATE (ARD, Samstag, 23.55 Uhr) war das Ende vom Anfang einer Renaissance. Zu seiner Zeit war der Film der teuerste Mißerfolg der Filmgeschichte und hat ein ganzes Studio unter sich begraben; heutzutage gilt ein Budget von 40 Millionen fast schon als normal und der Film als Meisterwerk. In einer großen Rückblende wird der Westen als Spielfeld wirtschaftlicher Interessen gezeigt, auf dem für Siedlerromantik und Heldentum kein Platz ist. Trotz seiner über 200 Minuten besitzt die Geschichte um Kris Kristofferson und Isabelle Huppert etwas Geisterhaftes, als sei alles nur der Schatten einer Erinnerung.
Im Zwielicht der Erinnerung spielt auch Lars von Triers ELEMENT OF CRIME (Arte, Sonntag, 22.15 Uhr), dessen Welt in ein ungesundes gelbes Licht getaucht ist. Ein Detektiv taucht unter Hypnose hinab in eine Geschichte, in der er auf der Suche nach einem Mörder den eigenen Gespenstern begegnet. Wie Amphibien wirken die Menschen in dieser ständig feuchten, tropfenden Unterwelt, in der man kaum je zum Atmen zu kommen scheint.
Dazu sollte man sich vielleicht UNTER DEM KIRSCHMOND (ZDF, Samstag, 1.25 Uhr) ansehen, in dem Prince seine Welt so süß wie Kirschsirup schmecken läßt. Damals wurde der Film zwar verlacht, aber das ändert nichts daran, daß er das perfekte Vehikel für das Multitalent aus Minneapolis ist, in dem alles vorkommt, was Spaß macht: Motorräder, Mädchen, Musik. Und Kameramann Michael Ballhaus hat dafür gesorgt, daß die Schwarzweißbilder den nötigen verführerischen Glanz ausstrahlen.
Und dazu wiederum kann man sich zum tausendsten Male EIN AMERIKANER IN PARIS (Vox, Sonntag, 16.05 Uhr) ansehen, in dem Minnelli die Bilder der Pariser Maler zum Leben erweckt. Entsprechend riecht diese Welt nach Ölfarbe, und Gene Kelly und Leslie Caron wirbeln die verschiedenen Schattierungen gehörig durcheinander. Das Kino äfft dabei die Malerei nicht nach, sondern macht sie sich untertan.
Und auf dieselbe Weise verleibt sich Jerry Lewis die Geschichte von Dr. Jeckyll und Mr. Hyde ein, um in DER VERRÜCKTE PROFESSOR(ZDF, Samstag, 13.30 Uhr) seine Trennung von Dean Martin zu verarbeiten. Lewis war Regisseur, Autor und Produzent und spielte die beiden Hauptrollen als Professor Kelp und Buddy Love auch noch selbst. Die Rolle, die früher sein Partner gespielt hatte, wird auf diese Weise nachträglich als die Nachtseite des Trottels Jerry interpretiert. Als habe der Schlaf des Jerry Lewis das Ungeheuer Dean Martin geboren. Das hat man davon, wenn man zuviel Bier trinkt.