20. Mai 1992 | Süddeutsche Zeitung | Porträt | Robert Altman

Robert Altman Filmregisseur

Er hat bei den Filmfestspielen in Cannes nicht die Goldene Palme gewonnen, wie es die meisten erwartet und viele sich gewünscht haben. Aber Robert Altman gewann für seinen neuen Film THE PLAYER immerhin den Regiepreis und sein Hauptdarsteller Tim Robbins die Auszeichnung als bester Darsteller. Und während der Hauptpreis für den Dänen Bille August und seinen Film DIE BESTEN ABSICHTEN artig beklatscht wurde, erhob sich das Publikum der Abschluß-Gala bei Altmans Auftritt von den Sitzen. Mit gutem Grund. Denn die bissige Hollywood-Satire THE PLAYER ist das Comeback eines Mannes, den das Glück und vielleicht auch das Talent schon verlassen zu haben schien, obwohl er in den Siebziger Jahren noch als einer der Großen des amerikanischen Kinos gegolten hatte.

Der amerikanischen Gesellschaft jenes Jahrzehnts hat er mit Filmen wie M*A*S*H oder NASHVILLE den Spiegel vorgehalten, und was man darin sah, war der ganz normale Wahnsinn, der in dem Motto gipfelte: The show must go on. Um jeden Preis. Ob Wilder Westen oder Korea-Krieg, Raumfahrt oder Musikgewerbe, alles verkam unter seinem mitleidslosen Blick zum Spektakel, in dem nur zählt, was sich auch auszahlt. Altmans Helden waren Glückssucher, die in dem Treiben auf ihre Kosten kommen wollten und dabei zumeist auch noch draufzahlten. Amerika war in diesen Filmen oft nur noch ein schlechter Witz.

1976 zerstritt sich Altman mit seinem Produzenten Dino De Laurentiis über die endgültige Fassung des Film BUFFALO BILL UND DIE INDIANER und wurde deshalb aus dem Projekt RAGTIME entlassen, das dann Milos Forman verwirklichte. Altmans Abstieg begann, und nach dem DISASTER VON POEYE 1980 wurde es schließlich ganz still um ihn. Ein Jahrzehnt lang verfilmte er fürs Fernsehen ein Theaterstück nach dem anderen, ohne damit wirklich einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Er war, auch wenn er das selbst nicht so dramatisch sieht, weg vom Fenster.

Jetzt ist er wieder da. Und sein Film, der in Cannes Furore machte, ist seine Rache an Hollywood. THE PLAYER erzählt von einem jungen Produzenten, der aus Versehen einen Drehbuchautor umbringt, und davon, daß das im heutigen Hollywood durchaus auch Symbolcharakter hat. Denn die Filmemacher gelten in diesem Gewerbe nichts mehr. Was allein zählt sind Stars und Verträge, nicht mehr Filme und Geschichten. Und um das zu illustrieren, hat Altman gut zwei Dutzend Stars zu winzigen Auftritten in seinem Film gebeten. Sie sind alle gekommen: Burt Reynolds, Anjelica Huston, Bruce Willis, Julia Roberts und viele mehr. Robert Altman hat also das gemacht, was er am besten kann: Dem System einen Spiegel vorgehalten, damit es darin erkennt, wie weit es mit ihm gekommen ist. THe PLAYER ist ein Film mit Stars gegen Stars. Das ist Altmans Galgenhumor.

Dazu gehört auch, daß der 67jährige aus Kansas City beharrlich sein Comeback leugnet. Er sei nie Teil von Hollywood gewesen – also könne er weder weg gewesen noch zurückgekommen sein: ‚Ich bin nicht wütend auf Hollywood. Ich bin kein Außenseiter. Und ich bin auch nie ins Exil geflüchtet. Ich habe einfach immer an der Straßenecke musiziert, wo man mir Münzen in den Hut geworfen hat.‘

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