27. Dezember 1996 | Süddeutsche Zeitung | Nachruf | Out of the blue

Die wahre Filmgeschichte wird im Herzen geschrieben, wo das Kino an Dinge rührt, für die wir keine Worte haben. Wo einen Moment lang alles ins Schwimmen gerät und zu einem Gefühl gerinnt, das wie ein Messer ins Fleisch schneidet. Was weiß man schon, woher die eigene Schwäche für Szenen rührt, in denen einem regelrecht blau vor Augen wird?

Blue in the Face: Wenn Ewan McGregor in TRAINSPOTTING in die verschissenste Toilette der Welt eintaucht und sich zur Musik von Brian Eno im strahlendsten Blau einer Südseelagune wiederfindet; wenn Nicolas Cage und Elizabeth Shue in LEAVING LAS VEGAS den giftigen Farben der Neonstadt entfliehen und in einem sonnenblauen Pool unter Wasser küssend den Himmel finden; wenn Robert De Niro in HEAT im Fahlblau eines ewigen Morgengrauens steht und seinen spiegelblanken Träumen nachhängt, in denen außer diesem perfekten Blau nichts mehr Platz hat.

Out of the blue and into the black: Aber der Moment, in dem sich Kino und Leben am ergreifendsten zu einem Zauber vermählten, war jener, als die Nachrichtenagenturen am Abend zu Marcello Mastroiannis Tod meldeten, die Stadt Rom habe die Fontana di Trevi schwarz verhüllen lassen. Ein Bild, das all die Liebe, all die Trauer, die der Tod weckte, einfing. Und es war, als habe die Welt nicht nur diesem Mann, sondern dem Kino selbst für all diese geschenkten Momente ihren Respekt erwiesen.

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