04. April 1992 | Süddeutsche Zeitung | Nachruf | Paul Henreid

Hart, nicht herzlich

Der Schauspieler Paul Henreid gestorben

Ob es das wert sei, wollte Rick wissen. Und sein Gegenüber antwortete: „Dann könnten wir uns auch fragen, warum wir atmen. Wenn wir aufhören zu atmen, sterben wir. Wenn wir aufhören, unsere Feinde zu bekämpfen, stirbt die Welt.“ Das war Paul Henreids großer Satz, da spielte er den Widerstandskämpfer Victor Laszlo in Casablanca, der am Schluß Ingrid Bergman kriegt, aber nicht die Sympathien der Zuschauer.

Zu unnahbar war er in seiner Unbeugsamkeit, zu schmallippig in seiner Kompromißlosigkeit: Ein Mann ohne die kleinste Schwäche. Da half es Henreid auch nichts, daß er sich vertraglich hatte zusichern lassen, im Vorspann zusammen mit den beiden Stars genannt zu werden. Claude Rains stahl ihm zwar die Show, aber mit ihm spielte er in seinen bekanntesten Filmen: NOW, VOYAGER und DECEPTION, beide Male an der Seite von Bette Davis.

Als neuer Charles Boyer war er 1940 nach Amerika gekommen, doch Henreid war zwar kontinental, aber nicht sehr charmant. 1908 wurde er in Triest als Paul Georg Julius von Henreid geboren, ging nach Wien ans Konservatorium, arbeitete in einem Verlag und wurde dann von Preminger ans Theater geholt. 1934 fing er beim Film an, ging ein Jahr später von Österreich nach England, ehe er sich in Kalifornien niederließ und 1946 amerikanischer Staatsbürger wurde.

Hartherzige Ehemänner, stolze Piraten und unbeugsame Kämpfer spielte Henreid in Hollywood, mal schneidende Arroganz, mal stummes Leiden. Im Grunde war er als Regisseur interessanter: GRAUSAME RICHTER (FOR MEN ONLY, 1951), UNTER MORDVERDACHT (A WOMAN´s DEVOTION, 1956), AAPHALT-HYÄNEN (GIRLS ON THE LOOSE, 1958), LIVE FAST, DIE YOUNG (1958), DER SCHWARZE KREIS (DEAD RINGER, 1964), HALT DIE TASTEN HEISS (BLUES FOR LOVERS, 1964) und unzählige Fernsehserien von MaVERICK bis BIG VALEY, von ALFRED HITCHCOCK PRESENTS bis BONANZA. Im Gegensatz zu seiner kultivierten Art waren das zum Teil billige Filme, exploitation-Ware mit viel Sympathie für den Teufel. Jetzt ist Paul Henreid 84jährig im kalifornischen Santa Monica gestorben.

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mailadresse wird nicht öffentlich angezeigt. Pflichtfelder sind mit * markiert. Mit Absenden Ihres Kommentars werden Ihre Einträge in unserer Datenbank gespeichert. Weitere Informationen finden Sie in unserer » Datenschutzerklärung


fünf × 1 =