19. Dezember 2000 | Süddeutsche Zeitung | Glosse, Leben | Jenny Elvers

Noch nicht von dieser Welt

Jenny Elvers, Bild & Telekom zerren ein Ungeborenes ans Licht

Es gibt Prominente, bei denen man das Gefühl nicht los wird, den entscheidenden Moment verpasst zu haben. Plötzlich sind sie prominent, und keiner weiß so recht, warum. Irgendwann spielt es dann auch keine Rolle mehr. Wer nur oft genug auf den Titelseiten war, ist allein deshalb schon prominent. Zum Beispiel Jenny Elvers, die auf diese Weise praktisch täglich immer noch prominenter wird. Einen neuen Gipfel des Ruhms hat sie nun erklommen, indem sie Bild nicht nur ihr Herz öffnete, sondern auch in ihren Bauch blicken ließ. Von einer vaginalen Untersuchung wurde die Leserschaft noch verschont, aber beim so genannten 3-D-Ultraschall dürfen wir alle dabei sein. „Jennys kleiner Alex” lautet die Schlagzeile, und da kann es kein Zufall sein, dass darunter die BSE-Panik beschworen wird – der Eindruck drängt sich auf, dass sich der Wahnsinn auch bei uns mittlerweile nicht nur auf Kühe beschränkt. Nun eilt Frau Elvers ohnehin der Ruf voraus, sie täte für ein bisschen Öffentlichkeit alles, aber inzwischen ist der Exhibitionismus fast schon pathologisch. Das erinnert in seinen Auswüchsen schon an den Film „Die Truman-Show”, in dem Jim Carrey von Geburt an für eine Fernsehserie gefilmt wird. Und so wie dort verschiedene Firmen das verfilmte Leben für Product Placement nutzen, so heißt es in Bild nun allen Ernstes: „Die Deutsche Telekom und NET900 präsentieren ihn (Klein-Alex) heute exklusiv in BILD-online. ” Dazu sieht man insgesamt siebenmal das Logo der 3-D-Ultraschall-Firma aus Österreich, das man eigentlich einfachkeitshalber dem Fötus gleich eintätowieren könnte – da sind noch jede Menge Werbeflächen frei.

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