02. März 1998 | Süddeutsche Zeitung | Bericht | César 1998

Das alte Lied

"Das Leben ist ein Chanson" gewinnt sieben Césars

Filme, die brennen, hat sich Juliette Binoche, die Präsidentin dieser 23. César-Verleihung, gewünscht, und schon ihre flammende Begrüßungsansprache verdeutlichte wieder mal, daß nirgends die Leidenschaft fürs Kino so groß ist wie in Frankreich. Es ist jene Mischung aus Stolz und Eitelkeit, aus der sich auch das Selbstbewußtsein speist, es im Grunde jederzeit mit dem amerikanischen Kino aufnehmen zu können. Zumindest verstehen es die Franzosen, so einem Abend einen Glanz zu verleihen, wie ihn sonst nur Hollywood ausstrahlt. Sieger des Abends wurde der 75jährige Alain Resnais, auch wenn er den Preis für die beste Regie Luc Besson überlassen mußte. Sieben Césars gewann Resnais’ Singspiel On connaît la chanson (Das Leben ist ein Chanson, ab April bei uns im Kino) und ließ Konkurrenten wie Bessons Das fünfte Element, Manuel Poiriers Western, Alain Corneaus Le cousin oder Philippe de Brocas Le bossu weit hinter sich.

Weil stets die Vorjahressieger die Preise zu vergeben haben, kam es zu der kuriosen Situation, daß sich das Autorenpaar Agnes Jaoui und Jean-Pierre Bacri, die an diesem Abend schon für ihre Nebenrollen in On connaît la chanson Césars bekommen hatten, den César fürs beste Drehbuch selbst überreichen mußte. Im Vorjahr waren sie für Un air de famille, das Cedric Klapisch verfilmt hatte, ausgezeichnet worden. Ein weiterer Preis ging an André Dussolier, der zum vierten Mal bei Resnais gespielt hat, während seine Partnerin Sabine Azéma der wunderbaren Ariane Ascaride unterlag, die für ihre Titelrolle in Marius und Jeannette einen César bekam. Nachwuchspreise gingen an den Film Didier von Alain Chabat sowie an die Schauspieler Emma de Caunes (Un frère) und Stanislas Merhar (Nettoyage à sec). Bester ausländischer Film wurde erstaunlicherweise weder Der englische Patient noch Ganz oder gar nicht, sondern Brassed Off von Mark Herman.

Der schönste Moment: die Standing Ovations für Jean-Luc Godard, der zum 40jährigen Jubiläum der Nouvelle Vague einen Ehren-César bekam und seinerseits Clint Eastwood ehrte. „Be yourself” wünschte er ihm. Einen weiteren Ehren-César bekam Michael Douglas, der sich artig und in freier Rede auf französisch bedankte – wofür er vom Conferencier des Abends, Antoine de Caunes, nur Spott erntete. Dabei konnte der selbst nicht einmal den Namen des Stargasts aussprechen. Auch das gehört eben zu Frankreich.

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