24. Dezember 1997 | Süddeutsche Zeitung | Bericht, Oscars | Academy Awards 1998 (1)

Oscar wartet

Die Favoriten der US-Kritiker

Der Spaß kann beginnen: Traditionell gelten die im Dezember vergebenen Preise der Filmkritikervereinigungen und die Bekanntgabe der Nominierungen für den Golden Globe als Richtungsweiser für die Oscar-Verleihung im nächsten Jahr. Wenn es danach geht, läuft es auf ein Duell zwischen dem Cop-Thriller L.A. CONFIDENTIAL und dem Katastrophen-Epos TITANIC hinaus. Das National Board of Review, der New York Film Critics Circle und die Los Angeles Film Critics Association haben übereinstimmend L.A. CONFIDENTIAL zum besten Film des Jahres 1997 gewählt – und Regisseur Curtis Hanson gewann auch bei allen drei Vereinigungen den Regie-Preis.

Diese seltene Einmütigkeit würde den Polizeifilm auch zum unangefochtenen Favoriten für die Oscars Ende März machen, wenn nicht die 90 Mitglieder der Foreign Press Association, die am 18. Januar die Golden Globes vergibt, James Camerons TITANIC mit acht Nominierungen zum Mitbewerber hochgespielt hätte. L.A. CONFIDENTIAL wurde nur fünf Mal nominiert.

Bei beiden Filmen gibt es gute Gründe, die im Sinne der Oscars für sie sprechen: L.A. CONFIDENTIAL erntete weltweit gute Kritiken, die in der Regel ihrer Genugtuung Ausdruck gaben, daß Hollywood noch Filme machen kann, die nicht nur fortwährend ihren Showdown im Blick haben. Außerdem ist der Polizeifilm ein von der Academy lange vernachläßigtes Genre, das auf diese Weise – wie einst der Western mit Eastwoods Erbarmungslos – endlich mal geehrt werden könnte. Und da die Academy dieses Jahr mit der Auszeichnung von DER ENGLISCHE PATIENT seine Unzufriedenheit mit Hollywood kundgetan hat, wäre ohnehin wieder ein Studiofilm fällig.

Das spräche aber umso mehr auch für TITANIC, der als teuerster Film aller Zeiten gleich zwei Studios mit der Finanzierung strapaziert hat und praktisch als Leistungsschau des neueren Hollywood gelten darf – zumal sein Regisseur James Cameron zu jenen Regisseuren zählt, die mit Filmen wie TERMINATOR 2 der Branche seit Jahren gewaltige Einnahmen bescheren, deren Können aber von der eher an Schauspielkunst orientierten Academy stets ignoriert wird.

Daß TITANIC bei den Globe-Nominierungen die Nase vorn hat, kann zweierlei heißen: Entweder die Stimmberechtigten der Auslandspresse halten den Film wirklich für so gut oder sie setzen nur auf ihn, weil sie ihn für den Oscar-Favoriten halten und ihren Ruf als treffsichere Auguren nicht gefährden wollen. In beiden Fällen hat das seine Auswirkungen auf die Oscar-Nominierungen, die am 10. Februar bekanntgegeben werden.

In den anderen Kategorien ist das Rennen noch offener. Das National Board of Review zeichnete als Hauptdarsteller Jack Nicholson in AS GOOD AS IT GETS, als Hauptdarstellerin Helena Bonham-Carter in THE WINGS OF THE DOVE, als Nebendarsteller Greg Kinnear in AS GOOD AS IT GETS und als Nebendarstellerin Anne Heche in DONNIE BRASCO und WAG THE DOG aus.

In New York gingen diese Preise an Peter Fonda in ULEE’S GOLD, Julie Christie in AFTERGLOW, Burt Reynolds in BOOGIE NIGHTS und Joan Cusack in IN & OUT. In Los Angeles wurden in denselben Kategorien Robert Duvall in THE APOSTLE, Helena Bonham-Carter, Burt Reynolds und Julianne Moore in BOOGIE NIGHTS ausgezeichnet.

Ivan Fila ist mit dem auf unzähligen Festivals ausgezeichneten, aber in deutschen Kinos eher mäßig beachteten Film LEA ein weiterer Erfolg gelungen: Er ist als bester fremdsprachiger Film nominiert worden.

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