22. August 1998 | Süddeutsche Zeitung | Fernsehen, Rezension | From the Earth to the Moon

Die Überflieger

Tom Hanks bleibt auf dem Boden: "From the Earth to the Moon"

Als Tom Hanks seinen ersten Oscar für PHILADELPHIA bekam, dankte er, wie es sich gehört, dem Produzenten und dem Regisseur, Mama und Papa und allen anderen. Und er steigerte sich in seinen Dankesrausch so hinein, daß er seine Rede unter Tränen mit den Worten beendete: „God bless America!” Hinterher war zu hören, daß es ihm selbst etwas peinlich gewesen sei, sich zu solch patriotischer Rührseligkeit hinreißen zu lassen. Ein Jahr später gewann er wieder einen Oscar, für Forrest Gump, und erneut ließ er am Ende tränenreich Gottes Segen übers Land regnen. Der gute Junge kann es einfach nicht lassen.

Da ist es kein Wunder, daß seine Geschichte der amerikanischen Raumfahrt, die Hanks produziert hat und auch präsentiert, in die gleiche Kerbe schlägt. FROM THE EARTH TO THE MOON erzählt in zwölf einstündigen Teilen vor allem davon, daß kein Opfer zu groß sein darf, wenn es um die Eroberung des Alls im allgemeinen und um die amerikanische Eroberung des Alls im besonderen geht. Die erste Folge, die Hanks auch selbst inszeniert hat, heißt denn auch mit Blick auf die Russen: „Zeigen wir’s ihnen. ” Andererseits ist Hanks helle genug, durchaus die Ambivalenz des Wettlaufs zum Mond aufzuzeigen. Natürlich war das Programm Gemini, das Kennedy 1961 ins Leben rief, eine Fortsetzung des Kalten Krieges mit anderen Treibstoffen. Und natürlich herrschte auch nach seinem Tod politischer Druck von allen Seiten auf dem Unternehmen Apollo, das Kennedys Vision verwirklichen sollte: Noch vor Ende des Jahrzehnts wird ein Mensch – bevorzugt ein Amerikaner – einen Fuß auf den Mond gesetzt haben. Die Opfer werden in der Serie keineswegs übergangen, sondern geschickt genutzt, um das im Prinzip trockene technische Thema mit menschlicher Tragödie anzureichern.

Die zwölfteilige Mini-Serie hängt sich natürlich an den Erfolg des Kinofilms APOLLO 13 an, in dem Hanks auch schon mit den Produzenten Ron Howard und Brian Grazer gearbeitet hat. Es ist nur so, daß es etwas schwierig ist, das Drama auf zwölf Stunden auszuwalzen, wenn man den dokumentarischen Aspekt nicht aus den Augen verlieren will. Es wird also viel hinter verschlossenen Türen geredet, während die Kamera bedeutungsvoll die Schauspieler (Zweite Garde, aber erste Sahne: Ted Levine, Tim Daly, Kevin Pollack, Mark Harmon, Adam Baldwin, Elizabeth Perkins, Tcheky Karyo und Hanks’ Frau Rita Wilson) umkreist. Aber tatsächlich nimmt diese fiktionalisierte Dokumentation von der zweiten Stunde an, wenn sich das unübersichtliche Personal lichtet, doch noch gefangen. Das ist bei 68 Millionen Dollar Produktionskosten aber auch das mindeste, was man von einer US-Serie erwarten kann.

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