08. Dezember 1997 | Süddeutsche Zeitung | Bericht | Klage gegen Spielberg

Story oder History

Ist Spielbergs neuer Film "Amistad" ein Plagiat?

Ehe am Mittwoch in den USA Steven Spielbergs neuer Film AMISTAD in die Kinos kommen kann, muß heute in Los Angeles ein Gericht über eine einstweilige Verfügung gegen den Film entscheiden. Die schwarze Schriftstellerin Barbara Chase-Riboud behauptet nämlich, die Geschichte über einen Sklavenaufstand im Jahr 1839 sei ihrem Roman „Echo of Lions“ entnommen. Spielbergs Anwälte entgegnen, die Frau sei erstens verrückt, ihr Buch zweitens geschwätzig, langweilig und konfus – und drittens könne ohnehin niemand Rechte an historischen Ereignissen einklagen. Die Dame kümmert das nicht und fordert 10 Millionen Dollar Schadensersatz.

Tatsache ist, daß die Schauspielerin und Choreographin Debbie Allen schon 1984 überzeugt war, der Sklavenaufstand sei ein geeigneter Filmstoff, und eine Option auf den über 30 Jahre alten Roman Black Mutiny erworben hat. Zehn Jahre lang versuchte sie vergeblich, daraus einen Film zu machen, ehe sie 1994 mit dem Projekt zu dem Studio Dreamworks SKG ging, wo Amistad dann produziert wurde. Chase-Riboud wiederum hatte schon 1988 die erste Fassung ihres Romans, der das gleiche Thema behandelt, an Spielbergs Produktionsfirma Amblin gesandt. Dort lehnte man das Buch aber ab. Umso überraschter war die Autorin, als sie in einem Branchenblatt las, daß Spielberg einen Film namens AMISTAD machen wolle.

Die Klageschrift listet 88 Beispiele auf, in denen sich der Film an ihrem Buch und nicht an belegbarer Historie orientiert habe. Zum Beispiel ein Treffen zwischen dem Anführer des Aufständischen und ihrem Verteidiger, dem späteren Präsidenten John Quincy Adams, das in Wirklichkeit nie stattgefunden hat.

Bei den meisten Punkten ist die Vorstellung nicht so abwegig, daß die meisten Drehbuchautor auf ähnliche Ideen kämen, wenn es darum geht, diesen historischen Stoff zu dramatisieren. Verdächtig ist jedoch, daß der jetzige Drehbuchautor des Films, David Franzoni, auch schon mit dem Stoff befaßt war, als er noch für Dustin Hoffmans Punch Productions arbeitete. Und genau dort waren die Rechte an Chase-Ribouds Buch gelandet, nachdem Amblin abgelehnt hatte. Franzonis Anwalt behauptet jedoch, sein Mandant habe den Roman nie gelesen. Es wird also zu entscheiden sein, ob AMISTAD Chase-Robouds story oder einfach history ist.

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