06. Dezember 2001 | Frankfurter Allgemeine Zeitung | Filmkritiken, Rezension | Peter Pan

Als das Zeichnen noch geholfen hat I

Ein Jahrhundert wird besichtigt: Walt Disney hat mit seinen Filmen und Figuren die Kinderzimmer erobert und unsere Erinnerungen kolonialisiert. Ein Rückblick in Kurztexten, hier: 1953 - Peter Pan.

Es war Krieg in Korea, das Land war von Kommunisten unterwandert, und Stalin war auch noch nicht tot – das waren ein paar sehr gute Gründe, sich dem Erwachsenwerden bis auf weiteres entziehen zu wollen. Und auch Disney, der 1947 vor McCarthys Ausschuß für unamerikanische Umtriebe ausgesagt hatte, wäre vermutlich gerne für immer im Neverland seiner Studiowelt verschwunden. Der Junge, der sich weigert, erwachsen zu werden, ist die ideale Ahnenfigur für das ganze Imperium, das auf der Vergoldung der Kindheitserinnerungen basiert. Es wurde zwar einerseits fröhlich an der Zukunft gebastelt – im Falle von Peter Pan bedeutete das YOU CAN FLY -, aber andererseits hätte sich Amerika auch gerne in ewiger Unschuld eingeigelt. Später kam dann eine ganze Generation von Regisseuren, die mit Peter Pan großgeworden ist, und versuchte, das ganze Kino in ein Neverland zu verwandeln. Als jedoch Spielberg mit seiner eigenen Pan-Verfilmung HOOK scheiterte, sah er ein, daß es Zeit ist, endlich erwachsen zu werden – und drehte SCHINDLERS LISTE.