Das Spiel mit der Welt
Interview mit Laetitia Masson über Liebe, Arbeit und Kino
SZ: Was stand am Beginn, ein Gefühl, ein Gesicht, ein Bild?
Laetitia Masson: Ich fange immer mit einer Figur an. Ich wollte jemanden, der Frankreich durchquert und die Beziehungen zwischen den Menschen in Frage stellt – also auch die Liebe. Und die beste Art, das zu tun, ist, die Leute dafür zahlen zu lassen; indem man Geld dafür nimmt, widersetzt man sich der Idee der absoluten Liebe. Diese Frau ist dabei niemals kalt: Sie versucht nur, sich selbst zu schützen. Hinter dem Film steht eher die Lust, über die Studie eines Gefühls – der Liebe eben – zu einer Art Porträt Frankreichs zu kommen.
Fühlen Sie wie Ihre Heldin?
Eigentlich nicht. Ich bin viel intellektueller als sie, sie handelt eher instinktiv. Ich stelle Fragen und lasse sie agieren, aber ich handle nicht wie sie. Die Gefühle, die sie zum Handeln bringen, sind vielleicht auch meine. Sie hat allerdings viel weniger Angst als ich.
Ist das eine Art Selbsterfahrung?
Sie geht viel weiter, als ich je gehen würde. Sie ist autonom, hat ihre eigene Logik. Das Kino ist keine Suche nach sich selbst, sondern eine Suche nach den anderen. Im Privatleben ist man auf sich gestellt, das Kino ist ein Spiel mit anderen – eine entfremdete, distanzierte Art, in Kontakt mit der Welt zu treten.
Entdecken Sie die Dinge eher beim Schreiben oder beim Drehen?
Man findet manchmal Sachen, die man nicht erwartet hat, aber es bleibt am Ende immer ein Geheimnis.
Macht das Geld die Beziehungen leichter?
Geld ist das Herz aller Beziehungen. Die Leute heucheln, wenn sie so tun, als gebe keine Beziehungen zwischen den Gefühlen auf der einen und dem Geld auf der anderen Seite. Ein Arbeitsloser hat einfach nicht dieselbe Beziehung zur Liebe wie ein Firmenchef. Das ist eine Frage der Macht. Geld erleichtert nichts und verhindert nichts – es ist einfach da. Es symbolisiert den Wert der Dinge.
Film und Geld – ergeben sich da neue Beziehungen? Gerade im Team werden die Verhältnisse der Leute extrem übers Geld geregelt.
Klar – wenn man einen Film macht, geht es immer um Macht und Gefühle. Das hat Godard schon in RETTE SICH, WER KANN“ dargestellt. Liebe – Arbeit, darum dreht sich alles bei ihm.
Mit Sandrine Kiberlain haben Sie auch schon Ihren ersten Film gedreht. Ist es einfacher, ein Projekt zu entwickeln, wenn man bereits eine Schauspielerin vor Augen hat?
Einfacher nicht, aber man möchte, daß ihr die Rolle gefällt, man möchte sie gern erstaunen und inspirieren. Es wäre nicht spannend für sie, wenn man genau wüßte, was sie tun wird. Ich mußte etwas erfinden, was weder nah an ihr noch an mir ist – sozusagen eine dritte Figur.