28. Juni 1995 | Süddeutsche Zeitung | Porträt | Katja Riemann

Ich muß mich rar machen

Gespräch mit Katja Riemann, die in vier Filmen zu sehen ist

Ein bißchen peinlich sei es ihr schon, sagt sie, so inflationär vertreten zu sein. Stolze viermal ist Katja Riemann zu sehen: in Maris Pfeiffers KÜSS MICH!, in Rainer Kaufmanns STADTGESPRÄCH, in Rainer Matsutanis NUR ÜBER MEINE LEICHE und in Hans-Christian Schmids HIMMEL UND HÖLLE. Bekannt geworden ist Katja Riemann mit ABGESCHMINKT und DER BEWEGTE MANN, und mittlerweile ist sie in einem Land ohne Stars doch so etwas wie ein Star. Das merkt man auch. Sie ist entschlossen, kein Stück zuviel von sich preiszugeben, bestrebt, die eigene Person aus ihren Antworten herauszuhalten. Die Frage, welche er vier Rollen ihr am ähnlichsten ist, findet sie erstmal unzulässig. Und vielleicht ist sie es ja auch.

Auf die Frage nach ihrem Vorbild reagiert sie mit einem langen Schweigen, und sagt dann mit großem Ernst, als wolle sie jeden falschen Ton dabei vermeiden: ‚Es ist vielleicht ein bißchen anmaßend, das zu sagen. Aber ich wünschte mir etwas von der unglaublichen Faszination einer Frau wie Romy Schneider, die Menschen unglaublich berühren konnte, ohne Aufwand, einfach nur durch Präsenz.‘ Ganz so vermessen ist das gar nicht, weil Katja Riemann tatsächlich jene Art von Präsenz besitzt, die keinen Aufwand ahnen läßt, und jene Vertrautheit mit dem Publikum, die nicht in jeder Rolle um Glaubwürdigkeit buhlen muß.

Sie wolle sich jetzt erst mal rar machen. Sie sei schon eine richtige Komödientante geworden. Andererseits, sagt sie, kann sie all diese Rollen in zehn Jahren nicht mehr spielen. Da blieben dann nur noch die Mutterrollen. So spielt sie also Frauen, die so normal sind, wie es das Leben eben zuläßt, wünscht sich aber auch mal eine Abwechslung: ‚Wie oft ich schon angeboten habe, ob ich nicht humpeln könnte… Wenigstens durfte ich mal eine Brille tragen oder hatte auch mal eine Narbe. Aber das hat man kaum gesehen.‘

Was im deutschen Kino bei aller Aufbruchstimmung noch nicht funktioniert, sagt sie, sei die Arbeit mit den Autoren. Aber es ist schon ein großer Schritt, wenn es im deutschen Kino auf einmal Leute wie sie gibt, die den Autoren Lust machen, ihnen Rollen auf den Leib zu schreiben. Sie hat auch selbst etwas geschrieben, aber dann ist ihr, wie sie sagt, ihre Tochter dazwischengekommen: ‚Ich wollte mir eine Hauptrolle schreiben, aber es ist leider eine kleine Nebenrolle geworden. Zwei andere Figuren wurden zu Hauptrollen. Die haben mich an die Hand genommen und sind mit mir losgelaufen.‘ Vielleicht kann man das als Antwort auf die Frage, worin sie sich am ähnlichsten ist, gelten lassen: in Nebenrollen. Und man kann daran ermessen, welchen Aufwand es erfordert, Hauptrollen spielen zu müssen.

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