29. April 2002 | Frankfurter Allgemeine Zeitung | Filmkritiken, Rezension | The Scorpion King

Gomorrha statt Sodom

Chuck Russells THE SCORPION KING hat einen Stich

So billig kann eine Geschichte heutzutage gar nicht mehr sein, daß am Ende nicht ein teurer Film daraus wird. Früher hat man für solche Filme billige Schauspieler in billige Kulissen gestellt, und wenn die Regisseure etwas taugten, dann entstand aus diesen Beschränkungen manchmal so etwas wie Freiheit oder gar Poesie. Das waren die sogenannten B-Movies. Weil aber in Hollywood keine Kunst so große Fortschritte gemacht hat wie die des Geldausgebens, hat man völlig verlernt, solche Filme zu machen. Noch der letzte veranstaltet heute ein Tamtam, als hänge die Zukunft der Filmindustrie daran.

THE SCORPION KING ist ein Ableger des Erfolgs der beiden erfolgreichen und ungewöhnlich pfiffigen Filme um DIE MUMIE. Der Scorpion King ist eine Figur, die in DIE MUMIE KEHRT ZURÜCK am Rande vorkommt, für deren näheren biographischen Werdegang man sich aber eigentlich nicht in dem Maße interessiert hat, wie uns das dieser Film nun weismachen will. Tatsache ist, daß der MUMIEN-Regisseur Stephen Summers für Buch und Produktion verantwortlich war und daß der Skorpion-König wieder von einem Mann namens The Rock gespielt wird, dessen Name seine schauspielerischen Fähigkeiten umfassend beschreibt. Warum allerdings aus dem Bösewicht nun ein Menschenretter geworden ist, wird nicht mal der Regisseur Chuck Russell selbst wissen. The Rock ist in den Vereinigten Staaten ein Wrestling-Star. So wie im Showkampf immer nur so getan wird, als wolle man dem Gegner richtig weh tun, so wird auch hier immer nur so getan, als interessiere man sich für irgend etwas anderes als Kampftechniken und Stunts.

Natürlich nimmt sich die Geschichte ohnehin nicht ernster als nötig, sondern bedient sich fröhlich im Fundus des Antiken- und Fantasyfilms. Sie läßt Sodom links liegen und spielt dann in Gomorrha, wo Arkadier und Nubier und Amazonen unterwegs sind. Der Weg des Skorpion King führt auch durch die Wüste, aber weil die Pyramiden noch nicht erfunden sind, gibt es da auch nicht wirklich viel zu sehen – außer einem weißen Kamel. So ist SCORPION KING nur ein weiterer jener Gorillas aus Hollywood, die sich mit großer Geste auf die Brust trommeln, um die Konkurrenz in den Kinos zu vertreiben.

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