17. Mai 1993 | Focus Magazin | Filmkritiken, Rezension | Ein unmoralisches Angebot

Bankrotte Frau zu verleihen

Über den Film: EIN UNMORALISCHES ANGEBOT

Man kann nicht alles kaufen, sagt der eine. Man kann, sagt der andere und bietet ihm eine Million Dollar für eine Nacht mit seiner Frau. Würden Sie das Angebot annehmen? Die Frage kennt mittlerweile jeder, und Paare diskutieren sie mit einer Hingabe, als gelte es, den Ernstfall zu proben. Man kann ja nie wissen.

Um es vorwegzunehmen: Der Film gibt als Antwort ein klares Nein. Einerseits. Andererseits erlaubt er sich den Luxus, zu zeigen, wie es ist, wenn man das Angebot doch annimmt, und findet dann erst zur Moral von der Geschichte: Geld allein macht nicht glücklich.

Wobei nur bei uns von Moral die Rede ist, der Originaltitel INDECENT PROPOSAL nennt das Angebot einfach nur unanständig. Unmoralisch ist schließlich nicht das Angebot, sondern allenfalls die Einwilligung.

Was das Angebot so besonders verlockend macht, ist gewissermaßen das Kleingedruckte. Denn erstens hat das Paar gerade sein letztes so dringend benötigtes Geld in Las Vegas verloren, und zweitens ist der Anbieter nicht irgendwer, sondern kein geringerer als Robert Redford. Dadurch verändert sich die Frage ein wenig: Würden Sie, wenn Sie bankrott sind, für eine Million eine Nacht mit Robert Redford verbringen?

Der Film ist also durch und durch unanständig in der Wahl seiner Tricks, aber eben auch unglaublich geschickt. Wenn man Redford sieht, der den Reichtum mit einer wirklich unwiderstehlichen Aura verkörpert, dann wünscht man ihm, daß er mit seinem Angebot Erfolg hat. Und fürchtet es zugleich. Und sitzt dem Film damit schon in der Falle.

Adrian Lyne hat unleugbar ein besseres Gespür für griffige Themen als irgendein anderer Regisseur. Zum erstenmal mit FLASHDANCE, dann mit EINE VERHÄNGNISVOLLE AFFÄRE und 9 1/2 WOCHENund jetzt mit EIN UNMORALISCHES ANGEBOT.

Er hat also den Nerv der Zeit immer wieder dort getroffen, wo er am heftigsten reagiert: unter der Gürtellinie. Das ist nicht wenig. Und daß er dabei immer wieder auf die Mittel der Werbung zurückgegriffen hat, ist in einer Zeit, in der das Design das Sein bestimmt, nur konsequent.

Auch diesmal macht Lyne wieder Werbung: für die wunderbare Demi Moore und für ihr junges Glück mit ihrem Ehemann Woody Harrelson. Für das unanständige Angebot und für seinen Bieter Redford. Dafür, daß man es annimmt, und dafür, daß man es ablehnt. Und man kauft es ihm ab. So oder so. Ob man will oder nicht.

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