01. Dezember 1989 | Tempo | Filmkritiken, Rezension | Ein Mann für gewisse Stunden

Regie: Paul Schrader, USA 1980

Der flache Ehrgeiz, der dieses Jahrzehnt bestimmte, war in diesem Film schon drin. Ein Jahrzehnt, in dem die Zeit so schläfrig dahinglitt wie die Kamera von John Bailey auf den Highways von Palm Beach. Als gäbe es nichts sonst auf der Welt als blaue Mercedes Coupés, noch blaueren Himmel, Palmen, Cocktails, Musik und Sex. So leicht sollte das alles gehen mit dem privaten Vergnügen, den locker durchgezogenen Karrieren und der vorsätzlichen Blindheit gegenüber dem Rest.

Richard Gere spielt einen Mann, den die Frauen lieben und der sich dafür bezahlen läßt. Er denkt nur an sich selbst und stolpert am Ende über seine eigene Arroganz. In einer Welt, in der alles designet ist. Die Wohnungen, die Kleidung, der Sex, das Reden, die Menschen.

Das Design bestimmt das Sein. Das hat der Gigolo begriffen. Aber weil er es nicht durchschaut hat, wird ihm dieses Lebensprinzip zum Verhängnis. Anscheinend hat er ja alles richtig gemacht. Er hat seinen Körper gestählt, an seinen Umgangsformen gefeilt, Sprachen gelernt, seine Garderobe verbessert, in Kunst investiert.

Rituale des Hedonismus, ein Mann aus der Retorte. Makelloses Funktionieren in den 80ern. Und dann jagt man ihn wegen eines Mordes, den er nicht begangen hat. Und alle lassen ihn fallen.

Ein tragischer Irrtum: Zu glauben, daß schon ein paar Kreditkarten genügen, um dem Leben seine Lebendigkeit auszutreiben. Zu glauben, daß man der Schuld entfliehen könne. Am Ende steht Demut. Auch das ist natürlich schon mal dagewesen. Auch durch die Katastrophe findet man keinen Ausweg aus der Postmoderne.

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