01. April 1998 | Süddeutsche Zeitung | Filmkritiken, Rezension | Dämon

Hochmut vor dem Fall

Gregory Hoblits Film DÄMON

Wer seinen Augen traut, ist in dieser Welt verloren. Was man sieht, ist nicht einmal die Hälfte dessen, worauf es wirklich ankommt. Und weil eine halbe Wahrheit so gut wie nichts wert ist, führt der Weg geradewegs in die Hölle.

In Gregory Hoblits erstem Spielfilm Zwielicht spielte Richard Gere einen hochmütigen Anwalt, der alles gesehen und alles erlebt zu haben glaubt und deshalb umso wirkungsvoller von seinem Klienten hinters Licht geführt werden kann. Im Nachfolger Dämon – Trau keiner Seele gibt Denzel Washington den Supercop, der seinesgleichen für Auserwählte hält und deshalb einem biblischen Gegner gegenübertreten muß, dem Teufel möglicherweise.

Es geht also bei Hoblit um Menschen, die glauben, daß man ihnen nichts vormachen kann, und zur Strafe an der Nase herumgeführt werden. Sie glauben, ihren Augen trauen zu können, und müssen erfahren, daß das Sichtbare nur eine Inszenierung ist, hinter der sich das Unsichtbare besser verstecken kann. Das ist schon mal keine schlechte Ausgangslage für einen Polizeifilm – zumal sich der Regisseur vorher im Fernsehen einen Namen mit NYPD Blue gemacht hat.

Weil das Unsichtbare jedoch ein Dämon ist, kommt das Übersinnliche ins sonst so diesseitige Genre, und der Cop hat auf einmal mit dem Satan persönlich zu tun. Wie das Böse in der anonymen Menge von Wirt zu Wirt wechselt, mit zahllosen Kameraschwenks von einem Körper in den nächsten schlüpft, bringt immer wieder Fahrt in eine Geschichte, in der die austauschbaren Gesichter des Bösen ansonsten die Orientierung erschweren. Paranoia und Furcht vor der Masse sind in diesem Genre eher ungewohnte Gefühle – andererseits ist die Verwirrung der Gefühle im sonst so schematischen Hollywoodkino nicht das Schlechteste. Und am Ende gibt es wieder eine jener Wendungen, die einem schon in Zwielicht den Atem stocken ließ.

FALLEN, USA 1997 – Regie: Gregory Hoblit. Buch: Nicholas Kazan. Kamera: Newton Thomas Sigel. Schnitt: Lawrence Jordan. Musik: Tan Dun. Darsteller: Denzel Washington, John Goodman, Donald Sutherland. Embeth Davidtz, Elias Koteas. Warner Bros. 124 Minuten.

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