30. Oktober 1985 | Süddeutsche Zeitung | Filmkritiken, Rezension | Die Braut

Zusammengeflickt

DIE BRAUT von Franc Roddam

Eine Frau nach seinem Bilde erschaffen: Auf dem Friedhof nach den schönsten Teilen wühlen, sie narbenlos zusammenflicken und nach eigenem Gusto erziehen, um schließlich ein so intelligentes wie folgsames Traumwesen zur Gespielin zu haben. Im Film wird daraus dann entweder eine Komödie oder ein Lehrstück. Und weil der Regisseur Franc Roddam Rousseau, G. B. Shaw („Pygmalion“) und Madame Leprince de Beaumont („Die Schöne und das Biest“) gelesen hat und außerdem auch in der Schöpfungegeschichte nicht gänzlich unbewandert scheint, gibt es in DIE BRAUT nicht allzuviel zu lachen. Denn die Braut (Jennifer Beals) wird intelligenter, als es Baron Frankenstein (Sting) lieb sein könnte: Sie lernt das Gedankengut der Suffragetten kennen und zeigt folglich wenig Neigung, seinen chauvinistischen Wunschträumen zu entsprechen.

Doch die literarischen Vorlagen engen Roddam offenbar ein, er findet keine Mittel zur filmischen Umsetzung. Die Dialoge transportleren Bildung, statt die Geschichte voranzutreiben. Der Regisseur ahnte wohl, daß seine „Pygmalion“-Umsetzung den Film allein nicht trägt und hat eine Parallelhandtung konstruiert.

Dort fühlt er sich sichtlich mehr zu Hause, macht keine Verfilmung, sondern einen Film. Er erzählt die Geschichte einer merkwürdigen, ungleichen Freundschaft zwischen einem Zwerg (David Rappaport) und Frankensteins Monster (Clancy Brown), das aus Enttäuschung, daß die für ihn vorgesehene Braut bei seinem Anblick in Entsetzen ausbrach, das Labor zum Einsturz brachte und nun totgeglaubt herrenlos durch die Lande zieht. Ihre sentimentale Beziehung hat eineKraft, die dem Film auf anderer Ebene fehlt. Doch durch diese Diskrepanz verliert DIE BRAUT den Zusammenhalt und zerfällt in zwei ungleiche Hälften. Da kann es dann auch nicht mehr versöhnen, daß die Geschichte von der Schönen und dem Biest endlich einmal mit Happy-End erzählt wird.

(In München im ABC.)

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