13. Juli 1994 | Süddeutsche Zeitung | Filmkritiken, Rezension | Beverly Hillbillies

Wenn das Leben ein Roman ist, dann ist das Kino neuerdings eine Fernsehserie. All das, was einst die Zuschauer zum Fernsehen überlaufen ließ, lockt sie nun ins Kino zurück. Ob MAVERICK oder AUF DER FLUCHT, ADDAMS FAMILY oder FAMILIE FEUERSTEIN, das amerikanische Kino hat sich dem Gesetz der Serie unterworfen. Wo früher noch Filmerfolge Serien nach sich zogen, da hat sich das Verhältnis nun umgekehrt. Fortsezung folgt: Das bedeutet nun, daß das Kino die Fortsetzung des Fernsehens mit anderen Mitteln ist.

Die Gründe liegen auf der Hand: Weil sich bei den explodierenden Produktionskosten niemand mehr auf Mundpropaganda verlassen will, sucht man nach Projekten, die auf den Wiedererkennungseffekt bauen können. Je weniger Worte die Werbung verlieren muß, um einen Film zu umschreiben, desto besser. Am besten sind solche Filme, die sich mit einem Signet, einem Titel oder einer Melodie verkaufen lassen: Fernsehserien zum Beispiel. Zumal damit genau jene Generation ins Kino gelockt wird, die dort nicht mehr automatisch hingeht, die mittlerweile erwachsenen Kinder von Rock’n’Roll und Coca-Cola. Die BEVERLY HILLBILLIES sind eine TV-Antiquität, die eigentlich keine Restauration nötig hatte. Denn die Grundidee bekommt auch durch die mittlerweile möglichen technischen Tricks keinen zusätzlichen Reiz: Eine Familie von Hinterwäldlern findet Öl und zieht ins feine Beverly Hills um. Gegenseitiges Befremden, hahnebüchene Mißverständnisse, das funktioniert immer. Wer die Serie aufwärmt, sollte einen Grund haben. Hat die Regisseurin aber nicht. Und so muß man sich an das halten, was auch in der Serie für Abwechslung sorgen würde, an Gastauftritte von Dolly Parton oder Zsa Zsa Gabor.

Was dem Film dann doch Aktualität verleiht, ohne daß Penelope Spheeris daraus Nutzen ziehen würde, ist die Tatsache, daß die HILLBILLIES von gestern genauso aussehen wie die Jugend von heute. Mit ihren karierten Hemden, langen Haaren und Ziegenbärten wirken sie am Pool der Millionenvilla auch nicht deplazierter als die jungen Millionäre aus Film und Pop, die sich genauso kleiden. Nur nennt man ihren Stil nicht mehr Hillbilly, sondern Grunge. Woran man sieht, daß alles eine Frage des Standpunkts ist. Auch deshalb, weil die Hillbilly-Heimat Arkansas mittlerweile nicht mehr jenseits von Gut und Böse liegt, sondern im Herzen Amerikas, dort, wo Präsidenten groß werden. Was dem Film immerhin einen richtig guten Gag wert ist. (In München im Karlstor, Marmorhaus, Rio, Maxx, Veranda und Stachus.)

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