31. März 1995 | Süddeutsche Zeitung | Film-Tips, Rezension | Film-Tips 31.03.1995

Die Oscars sind vergeben, jetzt kann man sich wieder anderen Filmen zuwenden, die nie einen gewinnen würden, aber jederzeit einen Platz in unserem Herzen.

Einfache Männer

Das Arena zeigt im Nachtprogramm die Filme von Amerikas letztem großen Romantiker Hal Hartley, der dauernd seine eigene Losung Lügen straft, wonach es so etwas wie Romantik gar nicht mehr gibt, sondern nur noch Begierde. Jeweils um 22.45 Uhr laufen heute AM
ATEUR, Samstag und Sonntag SIMPLE MEN und Montag bis Mittwoch THE UNBELIEVABLE TRUTH. Alle seine Helden sind ständig auf der Flucht vor der Vergangenheit, die irgendwo zwischen Kloster und Gefängnis angesiedelt ist, und müssen sich ihr am Ende doch stellen. Die Filme schwanken dauernd zwischen großen Gefühlen und kleinen Problemen, und wenn die Helden über diesen Zwispalt reden, dann möchte man sich die meisten ihrer Sprüche gleich übers Bett hängen.

Die Wüste ist überall

Die Lupe zeigt die Filme des großen französischen Cineasten Raymond Depardon, der dem Alltag immer wieder die tollsten Fiktionen entlockt. Nachts um 22.45 werden seine Dokumentarfilme gezeigt: Heute REPORTERS, morgen SAN CLEMENTE, am Sonntag FAITS DIVERS, in dem Richard Gere einen tollen Auftritt hat, am Montag LAS ANNÉES DECLIC und am Dienstag und Mittwoch URGENCES, der den Alltag in einer psychiatrischen Klinik schildert. Um 18 Uhr läuft erst EMPTY QUARTER, in dem sich ein Mann und eine Frau ein Hotelzimmer teilen, und von Montag an LA CAPTIVE DU DESERT, in dem Sandrine Bonnaire von den Toubous im Tschad als Geisel genommen wird. In beiden Fällen füllt Schweigen die Bilder, die aber die einzige Möglichkeit der Kommunikation darstellen. Die Geiselgeschichte ist im Grunde die bessere Verfilmung des zweiten Teils von Paul Bowles HIMMEL ÜBER DER WÜSTE, weil hier die Fremdheit und Verlorenheit der Frau viel stärker fühlbar wird als in Bertoluccis Verfilmung.

Unser Freund Harvey

Im Filmmuseum kann man unseren Freund Harvey in zwei wunderbaren unterschätzten Filmen sehen, am Samstag um 18 Uhr in Jack Nicholsons CHINATOWN-Fortsetzung THE TWO JAKES und am Sonntag um die gleiche Zeit in Alan Rudolphs MORTAL THOUGHTS mit Demi Moore und Bruce Willis, und in drei zu Recht gefeierten Rollen: heute um 18 und am Samstag um 21 Uhr in Barry Levinsons BUGSY, am Mittwoch um 18 Uhr in BAD LIEUTENANT und am selben Tag um 21 Uhr in Jane Campions THE PIANO.

Lateinamerikana

Die Lateinamerikanischen Filmtage beginnen am Samstag um 18 Uhr im Gasteig mit zwei Filmen der großen Dokumentaristin Estela Bravo: MIAMI – HAVANNA berichtet vom Wiedersehen lange getrennter kubanischer Familien, Nach dem Kampf vom unbekannten Krieg der Kubaner und Angolaner in Südafrika. Um 20.30 Uhr läuft DER GARTEN EDEN von Maria Novaro, der vom Zusammenprall zweier Welten und Kulturen im mexikanischen Tijuana erzählt.

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