24. Januar 1997 | Süddeutsche Zeitung | Film-Tips, Rezension | Film-Tips 24.01.1997

Ein echtes Ereignis: Karel Reisz kommt höchstpersönlich ins Filmmuseum und redet über die Kunst der Montage, über die er schon vor vierzig Jahren ein Lehrbuch schrieb, als er noch gar keinen Film gedreht hatte. Dazwischen liegen zehn Spielfilme, einer schöner als der andere, die alle im Filmmuseum zu sehen waren und sind.

Reisz live

Am Sonntag also tritt um 20 Uhr Reisz höchstselbst auf und spricht mit Prof. Hans Beller und Ingo Fließ über Filmschnitt, ehe man dann das Gesagte an THE FRENCH LIEUTENANT’S WOMAN Woman mit Meryl Streep und Jeremy Irons überprüfen kann. Wer nur den Film sehen will, kann das am Montag um 18 Uhr nochmal tun. Zwei der besten Filme der Siebziger Jahre stehen außerdem auf dem Programm: THE GAMBLER (Samstag um 18 und Montag um 21 Uhr), in dem James Caan einen Englisch- Professor spielt, der mehr Geld beim Glücksspiel verliert, als ihm gut tut. Er wettet auf alles, weil das seinem Leben jene Schärfe und Konzentration verleiht, die ihm sonst abgeht. Es gibt darin eine grandiose Szene, in der die Kamera buchstäblich vor ihm auf die Knie geht, als er beim Blackjack gewonnen hat, und der Leuchter an der Decke auf einmal wie ein Strahlenkranz sein Haupt krönt. Auf diesen Zustand der Gnade folgt im Hotelzimmer dann eine Leere, die nicht einmal Lauren Hutton füllen kann.

Who’ll Stop the Rain?

Darum, wie man die Leere im Herzen füllen kann, geht es auch in DOG SOLDIERS (Samstag 21, Sonntag 18 Uhr), wo ein Reporter (Michael Moriarty, gerade in BROKEN SILENCEe zu sehen) nach den Erlebnissen in Vietnam mit Heroinschmuggel beginnt. Der Film führt über Kanada nach Neumexiko, in die Hippie-Kolonie El Ojo Grande, wo man Hank Snows ‚Golden Rocket‘ hört, ehe Credence Clearwater Revival ihr ‚Who’ll Stop the Rain‘ spielen und Nick Nolte im Sand verblutet: ‚Long as I remember, the rain’s been coming down . . .‘ Die wunderbare Tuesday Weld spielt übrigens auch mit.

Dass Reisz ein großer Frauenregisseur ist, kann man auch an zwei anderen Filmen sehen: In ISADORA (Freitag 18 Uhr) spielt Vanessa Redgrave die berühmte Tänzerin Isadora Duncan, und in SWEET DREAMS (Dienstag 18 und Mittwoch 21 Uhr) ist Debra Winger als Country-Sängerin Patsy Cline zu sehen. Außerdem: Debra Winger an der Seite von Nick Nolte in EVERYBODY WINS (Dienstag 21 und Mittwoch 18 Uhr) nach einem Buch von Arthur Miller, ein Neuenglandfilm der ganz anderen Art. Wer die Filme von Reisz noch nicht kennt, sollte unbedingt die Chance nutzen, sie hier einmal auf der Leinwand zu sehen.

Dreimal Beresford

Ein anderer Regisseur, der amerikanisches Kino vom Rande her betreibt, ist Bruce Beresford, von dem das Werkstattkino drei Filme zeigt: Von Freitag bis Sonntag um 21 Uhr BLACK ROBE über die Abenteuer eines Jesuitenpaters in den kanadischen Wäldern des 17. Jahrhunderts; danach um 23 Uhr jeweils BREAKER MORANT über eine Gerichtsverfahren gegen drei Australier, die im Burenkrieg auf der Seite der Engländer gekämpft haben; und TENDER MERCIES (Montag und Dienstag um 23 und Mittwoch und Donnerstag um 21 Uhr) über einen Country-Sänger, der im Bible Belt eine Motelbesitzerin kennenlernt – Robert Duvall in der Rolle seines Lebens.

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