18. Dezember 1992 | Süddeutsche Zeitung | Film-Tips, Rezension | Film-Tips 18.12.1992

Das Christkind steht vor der Tür, aber in dem Kinos weihnachtet nix. Draußen drohen graue Weihnachten, und keiner spielt White Christmas. Und IT’S A WONDERFUL LIFE werden wir schon wieder im Fernsehen ansehen müssen.

Auch wenn die Akademie anders denkt: DIE LIEBENDEN VON PONT-NEUF ist der beste europäische Film des Jahres. Kamera, Schnitt und Juliette Binoche haben einen Felix gewonnen, Leos Carax nicht. Das Arena zeigt den Film trotzdem nochmal für alle, die endlich oder wieder auf den Geschmack gekommen sind, am Samstag und Sonntag um 17.45 Uhr. Die Augen können einem darin übergehen, wenn der schlaflose Feuerschlucker und die erblindende Malerin unter feuerspeiendem Himmel über die Seine tanzen oder im Schneegestöber auf der Pont-Neuf einander in die Arme laufen. Es gibt das Licht Rembrandts in diesem Film und das Feuer der Liebe, das Leid der Penner und das Glück der Schläfer. Schönheit und Häßlichkeit sind keine Gegensätze.
Dazu könnte man sich in der Lupe am Sonntag und Montag um 18 Uhr TRÄUME von Akira Kurosawa ansehen, in dem es auch um die Choreographie des Unterbewußten geht.

Engel

Ein Saxophonist wird Zeuge zweier Morde. Also sucht er nach den Tätern und den Gründen. Er findet die Gewalt in sich selbst und wird zu einem Todesengel. Neil Jordan unternimmt in seinem zehn Jahre alten ersten Spielfilm von einer Reise durch die nordirischen Clubs, Hinterhöfe und Straßen, wo die Gewalt zu Hause ist. Aber Politk ist bei Jordan immer zuerst eine Privatangelegenheit, das gibt den Gefühlen bei ihm so eine Sprengkraft. ANGEL läuft täglich um 21 Uhr im Werkstattkino. Danach um 23 Uhr wird THE PUNK ROCK MOVIE, für den Don Letts von 1977 bis 1979 die Sex Pistols, The Clash, The Slits, Generation X und Siouxie and The Banshees beobachtet hat. Gerade in der heutigen Zeit ein wichtiges Dokument, das ästhetische Unterscheidungen illustriert.

Playtime

Das Filmmuseum zeigt Jacques Tati, den widerwilligen Künder der Moderne. Am Freitag um 18 Uhr PlAYTIME und um 21 Uhr MON ONCLE; am Samstag um 18 und Sonntag um 15 Uhr PARADE; am Samstag um 21 und Sonntag um 11 Uhr TRAFIC.

Am Montag läuft dort um 18 Uhr Schwarzer Kies und um 21 Uhr DIE ROTE von Helmut Käutner.

Und im Theatiner läuft in der Spätvorstellung von Montag bis Mittwoch BROADWAY MELODY OF 1936, einen Film aus der Zeit, als das Wünschen noch geholfen hat.

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