06. März 1992 | Süddeutsche Zeitung | Film-Tips, Rezension | Film-Tips 06.03.1992

Für alle, die den Weg zum Hofbrauhaus noch nicht kennen, läuft Achternbuschs Stadtführer am Sonntag, um 15 und 18 Uhr im Filmmuseum.

Berlin, Berlin

Ansonsten geht das Filmmuseum fremd. Berlinbilder heißt eine Reihe, die nun immer dienstags und mittwochs gezeigt wird. Diesmal spannt sich der Bilderreigen vom Jahre null bis zum Mauerbau, von Rossellini bis Wilder. DEUTSCHLAND IM JAHRE NULL zeigt Berlin als Totenstadt, aus deren Rissen zaghaft neues Leben zu erwachsen beginnt (Dienstag 18 Uhr). Denselben Titel hatte ein Kabarettprogramm, aus dem Robert A. Stemmle seine BERLINER BALLADE (Dienstag 21 Uhr) entwickelte, in der Otto Normalverbraucher aus der Gefangenschaft heimkehrt. Als großen Schwarzmarkt zeigt auch Billy Wilder sein Berlin in A FOREIGN AFFAIR (Mittwoch 18 Uhr), ein Bild, das er in ONE, TWO, THREE (Mittwoch 21 Uhr) auf die Spitze treibt: Der Geschäftigkeit und dem Geschäftssinn ist keine Ideologie gewachsen.

Besonders wertvoll

Das Werkstattkino zeigt eine Sammlung von Aufklärungsfilmen, die wieder der kalifornische Filmsammler Jack Stevenson zusammengestellt hat. AMERICAN SEX EDUCATIONALS läuft bis Sonntag, um 23 Uhr und zeigt Kurzfilme, die Seemänner vor den Gefahren der Syphilis und Kinder vor fremden Männern warnen, Verhütungsmethoden predigen oder Nudisten dokumentieren. Dazu läuft um 21 Uhr THE PEOPLE NEXT DOOR von David Greene, der 1970 den Drogenteufel an die Wand malte. Die Panik der älteren Generation mündet hier direkt in die Hysterie der Schauspieler: Deborah Winters, Eli Wallach, Julie Harris, Hal Holbrook, Cloris Leachman.

Zu dieser Mischung von Sozialhygiene und Paranoia sollte man sich EIN KÖDER FÜR DIE BESTIE, den das Türkendolch in der Spätvorstellung um 23 Uhr zeigt, ansehen. J. Lee Thompsons Original zu dem CaPE FEAR-Remake von Martin Scorsese zeigt Robert Mitchum in einer seiner besten Rollen. Die latente Schläfrigkeit, mit der er Gregory Pecks Familie nachstellt, hat nichts von der satanischen Gefährlichkeit Robert De Niros und ist aber kaum weniger beängstigend: Sympathy for the devil heißt das Motto.

B wie Blau

Im Cinema läuft am Samstag um 22.45 Uhr im Double Feature Bessons THE BIG BLUE und Beineix‘ BETTY BLUE. Den Traum von Technicolor träumen die beiden Franzosen, indem sie ihre Filme in Farben ertränken. Die Künstlichkeit der Farben geht dabei Hand in Hand mit der der Geschichten. Der deutsche Titel von Bessons Film täuscht: Es geht in beiden Fällen nicht um den Rausch der Tiefe, sondern um den der Oberflächen.

Italienisches Kino querbeet: In der Lupe läuft am Sonntag und Montag um 17 Uhr Fellinis LA DOLCE VITA, von Montag bis Mittwoch um 23 Uhr ROMA, am Donnerstag um dieselbe Zeit Bertoluccis DER LETZTE TANGO IN PARIS und am selben Tag um 16 und 18.15 Uhr Tornatores CINEMA PARADISO.

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