03. Februar 1995 | Süddeutsche Zeitung | Film-Tips, Rezension | Film-Tips 03.02.1995

Paris ist ein Ort des Herzens, eine Landschaft der Träume, eine Stadt, die sich den Bildern einschreibt und die Filme prägt wie kaum eine andere. Paris, das ist das Theater der Kinder des Paradieses, ein Trompetensolo von Miles Davis, ein Déjà-vu.

Vergeßt Paris

Einer der allerschönsten Parisfilme ist FAHRSTUHL ZUM SCHAFOTT (heute und morgen in der Spätvorstellung im Theatiner), nicht weil Louis Malle von der Stadt so viel zeigen würde, sondern weil er das sanfte Grau der Tage und das glänzende Schwarz der Nächte dort einfängt. Dazu gehört natürlich die schätzungsweise beste Filmmusik der Filmgeschichte, die EIN AMERIKANER IN PARIS, Miles Davis, eingespielt hat, und die so hinreißend verlebten Gesichter von Maurice Ronet, der nach einem Mord im Fahrstuhl gefangen ist, und von Jeanne Moreau, die auf den Boulevards und ihren Cafés auf ihn wartet. Der Regen glänzt auf dem Asphalt, und die Lichter tanzen darin.

Auch in Krzysztof Kieslowskis DIE ZWEI LEBEN DER VERONIKA (am Dienstag und Mittwoch um 18 und 20.15 Uhr in der Lupe) führen alle Wege nach Paris, ob aus der französischen Provinz oder aus dem polnischen Krakau. Irène Jacob spielt zwei Frauen, deren Leben durch dieses tonnenschwere Nichts namens Déjà-vu an den Enden ihrer Seele verknüpt sind.

Die Metropole als Olymp

Jedermanns poetischer Traum von Paris ist natürlich LES ENFANTS DU PARADIS, dieses Gewimmel von Existenzen, von Gaunern und Gauklern, die sich im Trubel der aufkommenden Metropole verlieren. Marcel Carnés Film läuft am Samstag um 20 Uhr in einer kleinen Werkschau mit seinen Filmen, die das Cicim im Gasteig veranstaltet. Weitere Filme dieser Reihe sind: Am Freitag um 18 Uhr die Zola-Verfilmung THéRÈSE RAQUIN(1953) mit Simone Signoret und Raf Vallone; um 20 Uhr Drôle de drame (1937) mit Michel Simon, Louis Jourdan, Jean-Louis Barrault, Jean-Pierre Aumont und Françoise Rosay; und am Samstag die Simenon-Verfilmung TROIS CHAMBRES À MANHATTAN (1965) mit Annie Girardot und Maurice Ronet, eine nach New York verlegte Geschichte der Einsamkeit zu zweit.

Aus dem aktuellen Programm könnte man sich dazu noch DIE DEDEKTIVIN ansehen, mit der wunderbaren Anémone als kettenrauchender Privatschnüfflerin, die auf der Suche nach Antworten auf einen Fall auf Fragen der eigenen Vergangenheit stößt. Läuft zum Beispiel im Theatiner, Isabella, Cinema und in Gilching.

Über den Zusammenhang zwischen Architektur und ihren Bewohnern berichtet auf ganz andere Art Peter Cohens Dokumentarfilm ARCHITEKTUR DES UNTERGANGS der am Sonntag um 11 Uhr im Arri gezeigt wird.

In Filmmuseum treibt Christopher Walken sein Unwesen. Am Samstag um 21 Uhr läuft AT CLOSE RANGE (1986) von James Foley, eine Geschichte , in der sich die Träume der Jugend in einen erwachsenen Alptraum verwandeln. Und am Dienstag um 21 Uhr läuft BILOXI BLUES (1987) von Mike Nichols, der in einem Ausbildungslager in Mississippi spielt und Walken als Drillsergeanten zeigt.

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