12. Dezember 2001 | Frankfurter Allgemeine Zeitung | Glosse | H&M-Werbung

Die reinste Verschwendung

Bridget Fonda macht Werbung für H & M

Nanu? Die Dame kennt man doch. Hängt dieser Tage an Bushaltestellen und Plakatwänden. Wirbt für Dessous. Das glaubt zumindest die Modefirma, die ihr dafür Geld gegeben hat. Die Dame aber weiß, daß sie für ganz etwas anderes wirbt, und lächelt deshalb ihr Bridget-Fonda-Lächeln. Das fällt ihr relativ leicht, weil sie Bridget Fonda ist. Man braucht einen Moment, um das zu erkennen, man stutzt, bleibt stehen und möchte im nächsten Moment niederknien. Tatsächlich, Bridget Fonda ist zu uns niedergestiegen, mitten hinein in den vorweihnachtlichen Berufsverkehr. Es ist ja nicht so, daß man Stars in der Werbung nicht mittlerweile gewohnt wäre. Schließlich hängen sie ja auch auf allerlei Kinoplakaten im öffentlichen Raum. Und doch fühlt sich dieser Auftritt anders an. So als würde Bridget Fonda irgendwie den Rahmen sprengen, weil es wie die reinste Verschwendung wirkt, wenn jemand mit ihrem Namen, ihrem Talent und ihrer Ausstrahlung als Model für Unterwäsche wirbt – auch wenn die Fotos von Mario Testino gemacht wurden. Vielleicht ist das aber auch nur die Antwort der Kinostars auf den Aufstieg der Models zu Superstars. Bridget Fonda ist ja nicht der erste Star, der von H&M zur Aushangware gemacht wird. Vor ihr waren unter anderem Faye Dunaway, Johnny Depp, Tim Roth, Geena Davis, Gary Oldman, Patricia Arquette, Salma Hayek, Eric Roberts, Nastassja Kinski und Kylie Minogue (vor ihrem Comeback) zu sehen – und jedesmal ertappte man sich bei derselben Reaktion, daß man zweimal hinsehen mußte, um es glauben zu können. Dabei erstaunt weniger die Tatsache, daß ernst zu nehmende Schauspieler Werbung machen – warum auch nicht? -, sondern daß ein Unternehmen für viel Geld auf Gesichter setzt, deren Bekanntheitsgrad für die Laufkundschaft wahrscheinlich deutlich unter dem des nächstbesten deutschen Seriendarstellers liegt. Bridget Fonda jedenfalls hat zwar bei Bertolucci, Coppola und Tarantino mitgespielt, aber ihr Name ist wahrscheinlich nur Eingeweihten ein Begriff. Deshalb ist es zwar cool, daß H&M sie besetzt, aber in Wahrheit macht Bridget nur für sich selbst Werbung.

Schreibe einen Kommentar

Ihre E-Mailadresse wird nicht öffentlich angezeigt. Pflichtfelder sind mit * markiert. Mit Absenden Ihres Kommentars werden Ihre Einträge in unserer Datenbank gespeichert. Weitere Informationen finden Sie in unserer » Datenschutzerklärung


zehn − 10 =